KONTEXT:Wochenzeitung
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Auf der Strecke geblieben

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Sonntagnachmittag im Bahnhof in Faurndau, einem Stadtteil von Göppingen. Zwei ältere Damen warten an Bahnsteig 1 auf die Regionalbahn Richtung Stuttgart. Stundenlang. Vergeblich. Denn an diesem Tag fährt kein Zug. Nicht nach Stuttgart und auch sonst nirgendwohin. Die Lokführer streiken, das gesamte vergangene Wochenende. Eine Computerstimme verkündet den nächsten Zugausfall und empfiehlt, sich im Internet über die Streikfolgen zu informieren. Doch die Frauen besitzen keine Smartphones.

Zum Wochenanfang machen es die Lufthansa-Piloten den Lokführern nach: Die Flieger der Kranich-Airline bleiben am Boden. Deutschland ist lahmgelegt. Auf den Autobahnen quält sich ein nicht endender Blech-Lindwurm im Stop-and-go. Tankstellen geht der Sprit aus. Das neue Geschäftsfeld Fernbus freut sich über die Anschubhilfe der Bahn.

Unsere scheinbar mobile Gesellschaft bleibt auf der Strecke. Genauso wie die streikenden Lokführer, die unserem Gastautor Stephan Hebel zufolge mit ihrem Arbeitskampf ein hohes Risiko fahren. Die Männer und Frauen, die für wenig Geld einen aufreibenden Job erledigen, werden zwischen Allmachtsfantasien von Gewerkschaftern und Politikern zerrieben.

Und noch einer blieb fast auf der Strecke. Geplant war sein Besuch am vergangenen Samstag. Der Grüne Gerhard Schick wollte in die Redaktion kommen, um mit Kontext-Frau Susanne Stiefel zu sprechen. Und um zu sehen, wo das Online-Magazin gemacht wird, das der Mannheimer Bundestagsabgeordnete aufmerksam verfolgt. Schließlich saß schon Günther Oettinger vor dem Framebild der Künstlerin Karmen Vracun, das unseren Konferenzraum schmückt. Und Bernd Riexinger, Fritz Kuhn, Walter Sittler und die Stuttgarter Großautoren Heinrich Steinfest und Wolfgang Schorlau sowieso.

Der Samstag war also reserviert für den finanzpolitischen Sprecher der Grünen, der Termin schon vor Wochen vereinbart. Doch dann streikten die Lokführer, und Schick steckte übers Wochenende in Berlin fest. "Streiks gehören dazu", sagt er, als es zwei Tage später mit einem Ersatztermin klappte. Notgedrungen voll unökologisch war er mit dem Flugzeug angereist, zum Glück hatte er nicht bei der Airline gebucht, deren Kapitäne just am Montag auch streikten. Im schicken silbergrauen Anzug stand er vor der Tür, flott bepackt mit einem dicken Rucksack, am Mittag noch Fernsehauftritt bei "Frontal 21", am Abend eine Veranstaltung in Heilbronn. "Wenn wir als Gesellschaft wollen, dass die Infrastruktur funktioniert, müssen wir das staatlich organisieren, und dann haben wir das Problem nicht mehr", sagt der Buchautor ("Machtwirtschaft – Nein danke!"). Das Interview mit Schick, den der Spiegel als "Ludwig Erhards linken Erben" bezeichnet, ist kommende Woche in Kontext zu lesen.


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11 Kommentare verfügbar

  • Kontext-Redaktion (Freudenreich)
    am 23.10.2014
    Antworten
    Wir empfehlen die Lektüre von Stephan Hebel ("3000 Euro - ist das gerecht?") in dieser Ausgabe. Hier ist die Gegenposition formuliert.
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