"Wir nehmen es nicht hin, dass wir hier keine Regelungen haben. Wir wollen Tarifverträge für unsere Betriebe. Also gehen wir da rein." Das sagt Jan Otto, 38 Jahre alt, Chef der IG Metall Ostsachsen, also die Ecke Bautzen, Riesa, Görlitz. Sein Job: Tarifbindung herstellen. Denn die ist im Osten noch unterentwickelter als in Westdeutschland.
30 Jahre nach dem Mauerfall fallen in Ostdeutschland gerade mal 45 Prozent der Beschäftigten unter einen Tarifvertrag. Im Westen sind es 56 Prozent. Wer in einem Betrieb arbeitet, der nicht tarifgebunden ist, arbeitet im Schnitt eine Stunde länger, verdient zehn Prozent weniger, hat weniger Urlaub und bekommt sehr viel weniger Weihnachtsgeld. Das hat das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung in diesem Jahr ermittelt. Weitere Erkenntnisse der Studie: Die höchste Tarifbindung verzeichnet Nordrhein-Westfalen (62 Prozent), das Schlusslicht ist Sachsen mit 39 Prozent.
Das verwundert, rühmt sich Sachsen doch gerne seiner wieder aufgelebten Industrie. Hier haben VW, BMW und Siemens Niederlassungen und Töchter, in der Region Chemnitz konnten sich einige der traditionellen Maschinenbauer wieder berappeln. Der sächsische DGB-Vorsitzende Markus Schlimbach erklärt die Schlusslichtposition Sachsens so: "Das ist staatlich gewollte Niedriglohnpolitik, die in Sachsen besonders lange betrieben wurde. Die haben hier ja jahrelang Unternehmen mit niedrigen Löhnen angelockt." Begonnen hat das unter dem Westler Kurt Biedenkopf (CDU), der von 1990 bis 2002 Ministerpräsident des Freistaates war. Auch seine Nachfolger hielten an der Billiglohnpolitik fest, die angeblich einen Standortvorteil darstelle. So formulierte die Sachsen-Union noch 2004 in ihrem Wahlprogramm als Ziel die "weitergehende Entfesselung des Arbeitsmarktes von starren Regulierungen". Und befand: "Das bislang geltende System des Flächentarifabschlusses ist auf den Prüfstand zu stellen."
Weniger Lohn bei längeren Arbeitswochen
Zudem verfügt Sachsen über eine besondere Art von Arbeitgeberverbänden. Es gibt dort den Allgemeinen Arbeitgeberverband Sachsen e.V., der explizit für nicht-tarifgebundene Unternehmen in der Metallindustrie da ist. "Das führt den Sinn eines Arbeitgeberverbandes eigentlich ad absurdum", findet der DGBler Schlimbach.
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