Eine Million soll der unterirdische Lüpertz kosten. Für die Hälfte will Anton Goll, der frühere Geschäftsführer der Majolika-Manufaktur, bereits Zusagen von privater Seite haben. Schon vor zwei Jahren hatte er die Idee ins Spiel gebracht hat, aber erst jetzt macht er den Vorschlag öffentlich. Was ein Zufall, dass gerade im ZKM eine große Lüpertz-Ausstellung stattfindet.
Viele Karlsruher, so hört man, haben sich schon gewundert, was die großformatigen Ölschinken überhaupt im Medienkunstzentrum zu suchen haben. Eine Antwort lautet: Lüpertz beeindruckt gern mit großen Formaten und dafür gab es nur im ZKM genug Platz. Eine andere mögliche Antwort: Das ZKM muss sparen. Siehe U-Bahn-bedingte Etatkürzungen.
Erst Fremdenlegion, dann großer Künstler
Hinter der Ausstellung steht das private Museum Küppersmühle in Duisburg und die Stiftung für Kunst und Kultur in Bonn, was so ziemlich dasselbe ist. Das Museum ist hervorgegangen aus der Privatsammlung des Bauunternehmers Hans Grothe, 2005 aufgekauft von Sylvia Ströher aus der Dynastie des Wella-Kosmetikkonzerns und ihrem Mann Ulrich. Betrieben wird das Museum eben von jener Bonner Stiftung. In deren Vorstand sitzen unter anderem Werner Müller, unter Gerhard Schröder Bundeswirtschaftsminister, danach Vorstandsvorsitzender der Ruhrkohle AG (RAG), Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Bahn, des RAG-Nachfolgers Evonik sowie Leiter der RAG-Stiftung. Und der frühere "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann.
Lüpertz, der sich für einen der größten lebenden Künstler hält, ist mit Gerhard Schröder befreundet. Für das Berliner Kanzleramt schuf er eine unförmige "Philosophin" und die Farbgestaltung im Treppenhaus. Mehr als zwanzig Jahre lang war er Rektor der Düsseldorfer Kunstakademie, die ihn in jungen Jahren nach einem Semester vor die Tür gesetzt hatte. Nach einem Abenteuer in der Fremdenlegion machte er vor allem in Berlin Karriere, durch die erste von Künstlern gegründete Galerie Großgörschen 35. Während aber die anderen Beteiligten in der bewegten Zeit vor 1968 der damals vorherrschenden abstrakten Kunst ihren "Kritischen Realismus" entgegensetzen wollten, hatte Lüpertz nur eines im Sinn: groß herauskommen. Die Mittel zum Zweck: große, zum Teil riesige Formate; kräftige Farben; Malerei, bloß keine unverkäufliche Medienkunst; erkennbare Sujets, die dennoch im Ungefähren verbleiben; Provokation und ein forsches Auftreten.
Die Karlsruher können auf die Kunst verzichten
Seine Malerei bezeichnete er als "dithyrambisch". Was das sein soll, fragte allerdings keiner groß nach, aus Angst sich zu blamieren. Gern bläst Lüpertz seine Gemälde und Plastiken mit klassischen oder biblischen Titeln und Themen zu hoher Bedeutung auf. Schon vor seinem Kurzzeitstudium in Düsseldorf verbrachte er in der Benediktinerabtei Maria Laach in der Eifel nach eigenen Angaben eine "fanatisch religiöse Zeit".
Den Begriff Malerfürst lehnt Lüpertz ab. Mit Spitzbart, Maßanzug und Gehstock mit silbernem Knauf sieht er ein wenig aus wie Wilhelm II, der letzte König von Württemberg. Während der aber Anzug trug, um sich bürgerlich zu geben, stilisiert sich der Künstler zum feinen Mann und zugleich mit dickem Totenkopf-Klunker am Finger zum Rebell. Nun hat er wieder so ein Thema gefunden: Ihm reicht es nicht die Ödnis der U-Bahn mit bunten Blumen zu verschönern. Nein, Lüpertz braucht etwas Großes, Gewaltiges: die sieben Tage der Schöpfung. Woran sich die Frage anknüpft, weswegen U-Bahn-Stationen für alle überhaupt mit religiös inspirierten Motiven gestaltet werden sollten.
Die Karlsruher können ohnehin auf die Tafeln verzichten, wenn man einer nicht repräsentativen Leser-Umfrage der Online-Zeitung "Ka-News" glaubt: 75 Prozent wollen den Lüpertz nicht.
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w.-g. esders
am 15.06.2017