Wie lebten die Menschen in der Stein- oder Eiszeit? Wissen wir doch: "Männer sind Jäger und Frauen sind Sammlerinnen. Eine Tatsache, die die menschliche Evolution bis heute nicht hat ändern können", so heißt es etwa im Ankündigungstext für Rob Beckers Comedy-Stück "Caveman", das weltweit ziemlich erfolgreich ist und auch im Stuttgarter Theaterhaus seit über 22 Jahren regelmäßig für ausverkaufte Hallen sorgt.
Gut, das ist Comedy, aber sie zeigt, wie hartnäckig Stereotype sind. Und das nicht nur im Genre leichtgewichtiger Unterhaltung: Noch 2012 zeigte das Landesmuseum Württemberg Darstellungen von Steinzeitmenschen, die auch Rob Becker inspiriert haben könnten: Männer, die jagen, etwas reparieren, Werkzeuge und Waffen herstellen, während die Frauen daheim am Höhleneingang auf die Kinder aufpassen und Essen machen. Ist doch auch naheliegend, oder?
Eben nicht. In der Wissenschaft gibt es schon länger genügend Erkenntnisse, dass dieses Bild ziemlicher Humbug ist. Vielmehr handelt es sich um Projektionen neuzeitlicher, mittlerweile überkommener Vorstellungen von Geschlechterrollen. Aber durchgedrungen ist das bis heute nicht wirklich, vielleicht auch, weil es bequem ist. Und die Darstellungen der Frühgeschichte in Sachbüchern, Museen oder Filmen sind eben nicht so leicht aus den Köpfen zu kriegen.
Ein Umstand, den Ulli Lust mit ihrem neuen Sachcomic "Die Frau als Mensch" ändern will. Die 1967 in Wien geborene Comiczeichnerin stellt all den bekannten Bildern neue entgegen. Sie kontrastiert dabei wissenschaftliche Forschung mit eigenen Erfahrungen und entwirft einige hypothetische, aber nicht unplausible Szenarien, wie das Leben in den frühen menschlichen Kulturen ausgesehen haben könnte.
Schon lange für Frühgeschichte begeistert
Mit dem Thema Ur- und Frühgeschichte kam Ulli Lust erstmals Ende der 1990er-Jahre in Berührung, im Zusammenhang mit ihren ersten eigenen Comics. "Springpoems" nannte sie eine Heftserie, die jedes Jahr im Frühjahr erscheint, "inspiriert von jungsteinzeitlichen Fruchtbarkeitsritualen". Die Geschichten handelten in Varianten von einer Göttin, "die im Winter schläft, im Frühling aufwacht und einen Liebhaber sucht. Sie findet ihn, die beiden haben Sex, der Frühling kommt", erzählt Lust. Das letzte Heft erschien 2005, "seither verfolge ich wissenschaftliche Publikationen zur Frühgeschichte und besuche Museen und Fundorte, wann immer möglich."
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