Der Wasen ist keine Wiesn
Bevor Sie, liebe Leser:innen, sich empören, lassen Sie mich kurz ausführen. Der Wasen ebenso wie die Wiesn bringt eine vielfältige Geruchskulisse mit sich: Es vermengen sich die Düfte von Erbrochenem, Schweiß und Exkrementen mit dem Gestank toter Tiere am Grill und süßer Zuckerwaren. Lederhosen und Dirndl sind hier wie dort meist billige Kopien, hier allerdings scheinen die Stuttgarter:innen zu versuchen, das bayerische Lebensgefühl zu imitieren. So weit, so ähnlich sind die beiden Drogenfeste.
Nun zu den wesentlichen Unterschieden: Das Bier ist im Schnitt billiger als in München und das zu Recht. Der bayerische Gaumen muss durchaus Abstriche machen beim Vergleich mit Bieren aus der Heimat – und das ist natürlich ein objektiver Fakt. Ein Liter der Hopfen-Malz-Brause kostet am Neckar dieses Jahr zwischen 14,10 und 14,70 Euro, an der Isar teilweise über 15 Euro. Auf der Wiesn gibt es aber auch einen Ort, an dem die Mass nur 13,60 Euro teuer ist: das "Familienplatzl", ein eigener Bereich für Menschen mit Kindern. Klar, wer mit seinen quengelnden Bälgern aufs sogenannte Volksfest geht, soll sich wenigstens günstiger einen reinlöten können. Nach zehn Maß hat man, verglichen mit Preisen anderer Schenken, fast schon eine reingespart, also mit Kind ein 9+1-Saufangebot. Noch ein Punkt für München.
Hinzu kommt der eher deprimierende Ursprung des schwäbischen Festes verglichen mit dem der Wiesn. Das Wort "Wasen" bedeutet in etwa feuchtes Ödland oder Rasenstück. In Cannstatt veranlasste König Wilhelm I. 1818 nach einer Hungersnot, ein Erntedankfest zu feiern. "Kopfhänger kann ich in meinem Land nicht brauchen", verkündete der Monarch, nachdem schon mehr als 17.000 davon sein Reich verlassen hatten. In München dagegen ließ der Kronprinz und spätere König Ludwig von Bayern die Untertanen seine Hochzeit mit Prinzessin Therese feiern.
1 Kommentar verfügbar
Kurt Mailänder
vor 2 Tagen