Dann, als sich die Krisen verdichteten und die Welt ihn am dringendsten brauchte, tauchte er plötzlich wieder auf. "Der Leuze-Kater ist zurück", meldete die "Stuttgarter Zeitung" Anfang dieses Jahres und in den sozialen Netzwerken brach sich ein Freudentaumel Bahn. Mit Blick in unser Archiv muss Kontext kleinlaut einräumen, es bislang versäumt zu haben, dem vielleicht beliebtesten Stuttgarter einen Artikel zu widmen. Aber intern war Lucky immer wieder ein Thema. Als das Leuze-Bad den Kater 2018 aussperren wollte, liebäugelte Redakteur Minh Schredle damit, eine Kundgebung unter dem Motto "Freiheit für Lucky" zu organisieren. Und er bastelte sogar einen Miniatur-Demonstranten, der auf seinem Plakat fordert: "Nieder mit der Badeordnung!"
Bislang unerwähnt blieb in unserer Berichterstattung auch der großartige Filstalbrücken-Lebkuchen, mit dem die Deutsche Bahn die Einweihung der knapp vier Milliarden Euro teuren Neubaustrecke Ulm-Wendlingen feierte (kurz bevor die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wegen Korruptionsverdachts beim Bau der Brücke öffentlich wurden). Oliver Stenzel konnte die gebackene Liebeserklärung an moderne Ingenieurskunst bei der Eröffnungs-Sause am 9. Dezember 2022 in Ulm einsacken – doch bevor sie fotografiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden konnte, hat sie irgendein Gierschlund in sich hineingeschlungen und trotz interner Ermittlungen wurde der Täter oder die Täterin nie dingfest gemacht. Weil es – natürlich! – auch diesmal niemand gewesen sein will.
Ein heimliches Grinsen zaubert immer wieder eine handgefertigte Skizze von Hartmut Mehdorn ins Gesicht. Der Bahnchef hatte sie für Josef-Otto Freudenreich gezeichnet, um ihm klar zu machen, wie er sich den Schienenverkehr in Deutschland vorstellt. Immer im Kreis rum, der eine ICE links, der andere rechts, und das im Halbstundentakt. Diese Trouvaille hat der Kontext-Gründervater bei jedem Umzug dabei, als Beleg für deutsche Ingenieurskunst, in der Mehdorn einst ausgebildet wurde. Leider konnte die Idee nicht mehr verwirklicht werden, weil der ehemalige Daimler-Manager bald zum Flughafen Berlin Brandenburg wechselte. Für immer bleiben wird aber sein Merksatz in dem Gespräch, dass Stuttgart 21 quasi unbemerkt an den Stuttgartern vorbeiziehen werde – "es sei denn, Sie stecken den Kopf in den Gully". Darauf trinkt er sicher heute noch ein Gläschen Roten in seinem südfranzösischen Häuschen.
An dieser Stelle kontern wir mit den legendären Kontext-Pralinen: 2018 haben wir die mit unserem Logo bestückten Leckerheiten in einer Auflage von zehn Exemplaren bestellt, aus Neid, weil unsere Anwaltskanzlei auch welche hatte. Eine Praline blieb als Erinnerungsstück unangetastet in ihrer Plastikschachtel. Aber heute ist sie in ihrer Desintegration so weit vorangeschritten, dass sich Joachim E. Röttgers, unser Knipser vom Dienst, weigert, das gute Stück zu dokumentieren ("Das fotografiere ich nicht!").
Wir sind die Brigade der sozialistischen Arbeit
Mit Freuden abgelichtet hat Röttgers dafür einen halbantiquierten Wimpel aus der DDR, der sich zum Kampf um den Titel "Brigade der sozialistischen Arbeit" bekennt. Unsere Redakteurin Gesa von Leesen hat ihn in den 90er-Jahren von damaligen Kolleg:innen in Chemnitz, vormals Karl-Marx-Stadt, geschenkt bekommen und sie weiß auch, wie eine Faust geballt werden muss, um das gute Stück angemessen in Szene zu setzen. Angestellt wurde von Leesen während der Corona-Pandemie, entsprechend hat sie bei Kontext vergleichsweise wenige Büro- und viele Home-Office-Erlebnisse gesammelt. Dafür ist sie umso entschlossener, die neuen Räumlichkeiten mitzugestalten und leitet den Planungsstab "Straße der Besten": Nun, wo wir über einen Flur verfügen, der lang genug dafür ist, debattieren wir eifrig, welche vorbildlichen Köpfe dort zu sehen sein sollten.
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