Udo Schöbel ist ja quasi ein Nachbar von Kontext. Genauer gesagt, er wäre es gewesen, wenn er nicht rund 11 Jahre, bevor die Kontext-Redaktion in der Hauptstätter Straße 57 einzog, aus der Dachgeschosswohnung an eben dieser Adresse ausgezogen wäre. Das Haus am Rande des Heusteigviertels war ein vom Arbeitsweg her günstiger Wohnsitz: Jahrelang spielte Schöbel, stets montagabends, als Gitarrist und Sänger mit seiner Band Cleanin' Women schön scheppernden Sixties-Beat im Café Stella im Erdgeschoss, auch noch eine Zeitlang, nachdem er nach Berlin gezogen war. Das Café Stella ist nun auch schon fast drei Jahre Geschichte, Schöbel nicht mehr ganz so oft in Stuttgart, aber momentan ist er mal wieder ins Heusteigviertel zurückgekehrt. Ein paar hundert Meter von seinem einstigen Wohnort entfernt zeigt der Kiosk "Michas Lädle", dessen Schaufenster der Künstler und ehemalige Galerist Klaus Fabricius regelmäßig zu Ausstellungsflächen macht (<link https: www.kontextwochenzeitung.de schaubuehne kunst-im-kiosk-4568.html external-link-new-window>Kontext berichtete), noch bis zum 22. Oktober Illustrationen, Cartoons und Plakate von ihm. Denn das ist, neben der Musik, das andere, etwas weniger bekannte Steckenpferd <link http: udoschoebel.de external-link-new-window>des 1961 in Stuttgart geborenen Künstlers.
"Ich bin eigentlich ein malender Musiker", sagt Schöbel, "ich habe schon immer gemalt, mich dann aber früh für die Musik entschieden, weil das für mich das unprätentiösere, das direktere Medium war". Und Stuttgarter, die sich schon einige Jährchen vor der Jahrtausendwende in der hiesigen Kulturszene bewegten, werden Schöbel vor allem als Musiker kennen, in fast unübersichtlich vielen Projekten und Stilrichtungen. Sozialisiert mit Punk und Reggae sagte er schon früh allzu engen Schubladen adieu.
Auf den punkigen Rock'n'Roll von Karl Anton & The Heartbreakers Anfang der Achtziger folgten ab 1986 Cleanin' Women mit ihrem von Motown gefärbten Sound und Bläsern, im gleichen Jahr gründete er mit Szene-Unikum und Gesinnungsgenossen G.A.W. die munter zwischen HipHop und anderen Genres marodierenden Homeboys, später in Sexangels umbenannt. Daneben in den 1980ern und 90ern weitere Projekte wie Hipshots oder Gummisoul oder die Comedy-Truppe Shy Guys. Und seit 2002, nun schon in Berlin, die Band Minibeatclub (Eigenbeschreibung: "zwischen Elektro-Chanson und Casio-Punk").
Fürs tägliche Brot wichtiger ist mittlerweile Musik für Kinder. Die macht er, anfangs für "Die Sendung mit der Maus", nun auch schon seit über 20 Jahren, am erfolgreichsten aber für die Sendung "Kikaninchen" des ARD-Kinderkanals Kika". Um die 70 Songs hat er dafür bislang komponiert, darunter das Kikaninchen-Titellied "Dibedibedab", das auf der Online-Plattform Youtube bislang schon über 43 Millionen Mal angeklickt wurde. Stilistisch tobt er sich auch hier aus, da kann dann schon mal zu Ramones-Punkrock "Will keine Prinzessin mehr sein" geträllert werden. "Ich wollte immer etwas machen, das sinnvoll ist und das bleibt", sagt Schöbel, "und es macht Sinn, Kindermusik zu machen, die ein bisschen anders ist."
Synthese aus beiden Talenten: Karl Anton und Körperklaus
Das grafische Talent lag in dieser ganzen Zeit nicht brach, entwickelte sich vielmehr in fruchtbaren Wechselwirkungen mit der Musik. Erst machte Schöbel die Musik für den 1991 erschienenen <link https: www.youtube.com external-link-new-window>Animationsfilm "Mr Chocolate meets Miss Milk" von Thomas Meyer-Hermann, dann kreierte er selbst eine Trickfigur: <link http: www.karl-anton.de flash.html external-link-new-window>Karl Anton, den, so sein Erfinder, "weltersten Cartoon-Popstar". Ein mit wenigen Strichen gezeichneter Musiker mit blonder Stirnlocke wie Hergés berühmter Tim, der sich in den Neunzigern im damals noch jungen Internet an seine Fans wandte, erst in Comics, dann in kurzen Clips, und irgendwann produzierte auch Meyer-Hermann einige "Karl-Anton"-Folgen. "Vieles kann man sich heute nicht mehr vorstellen", sagt Schöbel, "aber das war bahnbrechend damals".
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