Eine Halle im Bad Cannstatter Outback, versifft, oll, halb verfallen, die Wände bemalt mit erstklassigen Graffiti. Drum herum feiert eine Menge Unkraut seit vielen Jahren Renaissance. Irgendwer hat ein Metallschild an einen Kugelgrill gehängt, der an einer Ecke vor sich hin rostet. Ab und zu schlägt das Schild gegen das Metall, das einzige Geräusch weit und breit, es klingt wie die Kugel in einer Sprühdose, die jemand schüttelt, bevor er sprüht. Es ist einer dieser Nichtorte, die der Kapitalismus übrig gelassen und die Subkultur annektiert hat. Klauz passt hervorragend dort hin.
Er sitzt auf einer Laderampe aus Beton und sagt: "Du hast nen Krauskopf, also verprügeln wir dich nicht. Deshalb war ich immer aufseiten der Immigranten. Mit dunkler Haut und Afro hast du im Schwabenland schon verloren." Was er sagt, ist ernst, wie er es sagt, ist Kabarett. "Schwabenland" – mit breitem A durch die Nase, die Arme werden nach rechts und links immer länger.
Auf seinem Shirt steht Clash. Zusammenstoß. In Klauz' Leben lassen sich da eine Menge Wortpaare bilden: Quatsch und Kunst, Unterdrückung und ziviler Ungehorsam, Zorn und Glück, Deutsch und Nichtdeutsch. Das vor allem hat ihn geprägt. Viele Jahre hat es gedauert, bis Klauz Schwaben mehr abgewinnen konnte als ein zwangsweises Eingeborensein.
Klauz ist eine Kunstfigur. Er trägt Bart aus Kajal. Einen, wie ihn Flaschengeister haben. Dazu einen Riesenhandschuh rechts, Discobrille, grünes Shirt. Bekannt ist er in Stuttgart für Reime wie "Schießt die Angie auf den Mond, dass ist Raumfahrt, die sich lohnt", <link https: www.youtube.com _blank external-link>performt aus einer Rikscha während einer Raddemo. Oder für eine Art Miniode an das Tier, das die Deutsche Bahn für Stuttgart 21 mit vielen Platanen im Schlossgarten der Stadt gefällt hat: "Den Juchtenkäfer hat keiner gefragt, er wurde einfach fortgejagt", in Kurzversion: "Auf die Dauer hilft nur Juchti-Power."
Eine alte Frau wollte ihm eine deutsche Frisur verpassen
Aber der Mann hinter Klauz, 32 Jahre alt, sehnig und kantig, ist ein Musterbeispiel für ein Aufwachsen mit schwarzen Locken und brauner Haut in den fett gefressenen deutschen Achtziger- und Neunzigerjahren, als Integration und Akzeptanz noch Ideen und keine Bestandteil der Gesellschaft waren.
Sein Vater kommt aus Haiti und ist Musiker, die Mutter eine bayrische Holzschnitzerin. Kunst, kein Handwerk. Erzogen worden ist er links-alternativ. "Man ist freundlich zu Menschen, man ist Pazifist, schön gegen Pershing II und gegen den Krieg, Rassismus find mer auch nicht gut, das war schlimm mit den Juden, Asylbewerbern hilft man, andere Kulturen sind interessant." So waren seine Eltern. "Ich dachte, so ist die Welt."
War sie aber nicht. Im Kindergarten sagten die Kinder: "Du hast eine Farbe wie Scheiße." Später sprach ihn eine alte Frau an, mit den Haaren könne man doch nicht rumlaufen, er solle sich doch mal eine deutsche Frisur machen lassen. Der Biolehrer erklärte, die Vermischung von Rassen sei immer schlecht. Bei Obst und auch bei Menschen. "Bei alldem kam dann ein Identifikationsproblem raus", sagt Klauz.
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