"Erfahrungen bei der Privatisierung der Abfallentsorgung zeigen, dass die Dienstleistung in der Regel an Qualität einbüßt. Gebühren werden eher erhöht, als dass die Bürgerinnen und Bürger etwas damit sparen", so Paal (DGB). KST-Leiter Kraus erwartet trotz Privatisierung keine größeren Änderungen, schließlich würde einer neuen Ausschreibung ein detailliertes Leistungsverzeichnis zugrunde liegen. Die vom Landkreis festgelegten Rahmenbedingungen entsprächen jedoch nicht eins zu eins dem Standard der KST, was unter anderem die Tarif- und Arbeitsbedingungen der Müllwerker betreffe, kritisiert Zarnetta (SPD).
Zweifel an privaten Anbietern seien verständlich, diese könnten laut Tübinger Liste aber "vertraglich abgefedert werden – etwa durch Sanktionsmechanismen bei nicht fristgerechter Abfuhr". Doch was nützen den Bürger:innen Strafzahlungen, wenn der Müll beispielsweise wegen Personalmangels nicht abgeholt werden kann? Nach einer Rückgabe an den Landkreis liegt die Überwachung eines privaten Anbieters zudem ausschließlich in der Hand des Landkreises, die Teilzuständigkeit der Universitätsstadt endet. Über Kostensteigerungen tagt dann der Kreistag auf Grundlage der Vereinbarung mit dem privaten Dienstleister, einige Gemeinderatsfraktionen erwarten steigende Kosten für die Bürger. Für Strasdeit (Linke) steht fest: "Die Profitabsicht hat in einem Betrieb, der für die kommunale Daseinsvorsorge zuständig ist, nichts verloren."
Grüne, FDP und Tübinger Liste wollen privatisieren
Die Fraktionen von SPD und CDU werden individuell abstimmen. Dazu erklärt CDU-Stadtrat Peter Lang, eine städtische Müllabfuhr sei als zentraler Punkt der Daseinsfürsorge zwar begrüßenswert, aber das in Aussicht gestellte Einsparpotenzial könne nicht ignoriert werden. Durch die geschlossene Zustimmung von Grünen, Tübinger Liste und FDP ist mit einer Mehrheit für die Privatisierung zu rechnen. Die Linke fordert, dass der Landkreis den Vertrag mit der Stadt bezüglich der vereinbarten Entgelte anpasst und mehr bezahlt, sodass das Defizit der Tübinger Müllabfuhr bei der Stadt kleiner wird. Eine Alternative zur Vertragskündigung wäre die Gründung einer gemeinsamen selbstständigen Kommunalanstalt durch Stadt und Landkreis. "Diese Rechtskonstruktion würde die Gebührenhoheit für den Rest- und Biomüll wieder in die Hände der Stadt legen und damit einen Ausgleich des Defizits im städtischen Haushalt ermöglichen", ist sich Zarnetta sicher und wird einen entsprechenden Antrag stellen.
Der DGB hat in der Tübinger Innenstadt über 1.000 Unterschriften für den Erhalt einer kommunalen Müllabfuhr gesammelt. Drei Tage vor der Abstimmung im Gemeinderat soll die Petition im von OB Palmer geleiteten Verwaltungsausschuss übergeben werden. Davor ist die drohende Privatisierung noch Thema auf der Tübinger Kundgebung zum 1. Mai. "Mach dich stark mit uns", lautet das DGB-Motto zum Arbeiterkampftag und Margrit Paal hofft, dass sich die Tübinger dieses Motto auch in Bezug auf die Müllabfuhr zu Herzen nehmen. Wenn alle Stricke reißen, gäbe es noch den Vorschlag von Jürgen Eichenbrenner (Die Partei), die Müllabfuhr in einen Gelben Sack zu packen, der dann nicht abgeholt werde. Auch wenn die Entsorgung durch Alba aktuell stockt, gilt diese Lösung als unwahrscheinlich.
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Neckartäler
vor 14 Stunden…