Ein Besuch in Weimar. Hasko Weber gilt als Experte für ostdeutsche Befindlichkeiten. "Wir warten nicht auf ein Wunder, wir nehmen die Sache selbst in die Hand", ist auf der knallgelben Postkarte vor dem Intendantenzimmer am Weimarer Nationaltheater zu lesen. So hat er es schon in Chemnitz gehalten, wo er als junger Schauspieler 1989 den Protest gegen das DDR-Regime mitorganisierte. Heute mischt sich der Chef des Deutschen Nationaltheaters wieder ein, denn die Rechtsextremen werden nicht wundersam verschwinden: mit Interviews, auf Podien, auf Kundgebungen. Unaufgeregt, aber beharrlich. Acht Jahre war der 60-Jährige als Intendant des Schauspiels in Stuttgart ein idealer Übersetzer von Ost nach West.
Warum geben nach neuesten Prognosen 30 Prozent der Thüringer:innen einer Partei ihre Stimme, deren Chef Björn Höcke gerichtsfest als Faschist bezeichnet werden kann? Erklären kann Weber vieles, die einfache Antwort zieht auch er nicht aus der Tasche. "Wenn ich die wüsste, säße ich nicht hier", sagt er, "sondern in Fernsehtalkrunden." Er sagt aber auch: "Warum fällt diese Frage eigentlich allen immer erst kurz vor Wahlen ein?"
Wahlpatenschaften für die, die keine Stimme haben
Ortswechsel. Erfurt, knapp 215.000 Einwohner:innen, Sitz der Thüringer Landesregierung, blumengeschmückt und mit Krämermarkt und Unesco-Weltkulturerbe ein Touristenhighlight. Jede:r scheint jede:n zu kennen. Andrea Keller, die auf der Bahnhofstraße die letzten Erdbeeren verkauft und einem Plausch nicht abgeneigt ist, lässt Grüße an Sultana Sediqi ausrichten: "Mein Freund hat sie beim Deutschlernen unterstützt." Sie selbst ist engagiert bei den "Omas gegen rechts". An diesem sonnigen Sommertag Ende Juli scheint die Welt hier in Ordnung.
10 Kommentare verfügbar
Gerald Wissler
am 24.08.2024Warum sollte ausgerechnet das Lieblingsprojekt der Grünen ein gemeinsames Projekt verschiedener Parteien sein ?
Wie wäre es stattdessen mit der Begrenzung der Migration als gemeinsames Parteienprojekt ?
Das würde der AfD sogar…