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Piratin Stefanie Kruse

Piratin Stefanie Kruse

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Nickname: Tiffi

Es war die Neugierde, die Stefanie Kruse aus Esslingen in die Arme der Piraten trieb. Ihr Bruder hatte der Partei in Schleswig-Holstein, ihrer Heimat, unzählige Stunden geschenkt, hatte im Jahr 2009 Unterschriften für die Zulassung zur Europawahl gesammelt, war immer wieder zu den Stammtischen gegangen und berichtete ihr wieder und wieder von seinem neuen Hobby. So viel, dass Stefanie Kruse wissen wollte, was es mit den Piraten auf sich hatte.

Zunächst ließ sie sich an einem Stand in der Esslinger Altstadt informieren, dann ging sie zu dem Stuttgarter Treffen des damals noch kleinen Haufens. "Ich hab mir gedacht, das macht einen halbwegs seriösen Eindruck, es könnte Spaß machen und kostet auch nur 36 Euro im Jahr", lautet das Resümee ihrer ersten Begegnung mit den Piraten. Kruse ließ sich also einen Aufnahmeantrag geben, unterschrieb und wurde an Ort und Stelle zur Piratin. "Der Organisator des Stammtischs fand das etwas seltsam", sagt sie mit einem Lächeln im Gesicht.

Die Partei hatte von da an ein sehr engagiertes Mitglied mehr in ihren Reihen. Stefanie Kruse betreut die Pressearbeit des Esslinger Stammtisches, war Politische Geschäftsführerin, bot Rhetorikkurse an, organisierte den Internetauftritt und Informationsmaterial und kümmerte sich um die Mitgliederwerbung. Oft hängen sich Parteineulinge so in die Arbeit rein, weil sie einen Posten anstreben und Karriere machen wollen. Stefanie Kruse ist das nicht wichtig. "Ich will gar nicht in der ersten Reihe stehen", sagt sie. Ihre Arbeit als Ingenieurin im Sondermaschinenbau ist ihr lieb und teuer; eine Politkarriere strebt sie nicht an.

Sich politisch zu engagieren war dennoch schon immer ein Thema in ihrer Familie. Ihr Vater war früher Mitglied in der FDP. Auch Stefanie Kruse ging noch vor ihrem Abitur zu einem Parteitreffen in der Nachbarschaft: Eine neue Gruppe der Jusos sollte entstehen. "Okay, hier ist ja auch nichts los", war das Fazit damals. Wäre sie auf eine aktive Gruppe gestoßen, wer weiß, vielleicht würde sie sich dann heute für die SPD engagieren. So aber sollte es noch ein paar Jahre und eine neue Partei brauchen, bis sich Stefanie Kruse wirklich engagierte. "Hier haben viele Leute einen technischen Hintergrund", sagt sie, "daher haben viele auch das Bedürfnis, pragmatisch an die Sache heranzugehen." Wie viele Piraten führt sie den Wunsch an, das Zusammenleben in einer Gesellschaft gestalten zu wollen.

Und wie viele Piraten hat sie Interessen an Dingen, die andere kaum interessieren: Bei ihr sind es Fremdsprachen. Nicht Englisch, Französisch und Latein, die sie an der Schule gelernt hat. Und auch nicht Dänisch, das in ihrer Heimat an der Ostsee viele lernen. Kruse hat Japanisch gelernt – und Altgriechisch. Vor allem Sprachen, die heute nicht mehr gesprochen werden, haben es ihr angetan. Da komme das technische Interesse durch, das sie auch zu ihrem Beruf brachte. "Ich bin ein großer Grammatikfan. An tote Sprachen geht man ganz anders heran, wenn man die lernt", sagt sie. Da beginne man nicht wie sonst immer mit "Hallo, mein Name ist Stefanie, wie heißt du?".


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