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Pirat Sebastian Nerz

Pirat Sebastian Nerz

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Nickname: Tirsales

"Wir haben viel zu Hause über Politik diskutiert", sagt Sebastian Nerz. Das hat den jungen Sebastian wohl geprägt; noch heute redet Nerz lieber über Politik als über Persönliches. Dass ihr Sohn jedoch einmal rasend schnell Karriere in einer Partei machen würde, es nämlich binnen zwei Jahren zum Vorsitzenden einer bundesweit viel beachteten Partei bringen würde, das hätten sich die Eltern in Tübingen sicher nicht träumen lassen. Und zunächst sah es auch überhaupt nicht danach aus, denn diese Karriere begann mit dem Austritt aus einer Partei.

Sebastian Nerz war als junger Informatikstudent Mitglied der CDU in Tübingen geworden. Bald kam er aber zu einer Einschätzung, die ihm überhaupt nicht gefiel. Dass man nämlich, um etwas bewegen zu können, und genau das wollte Nerz, sich erst einmal lange nach oben dienen müsse, vom Ortsverband über den Kreisverband zum Bezirksverband und weiter zum Landesverband. Wenn man dann nach 30 Jahren tatsächlich politisch Einfluss nehmen könne, so Nerz, verfechte man Ideen, die kaum mehr aktuell seien.

Nerz erklärte daraufhin seinen Austritt aus der CDU. "Ich glaubte, dass dort Veränderungen quasi unmöglich gemacht werden", sagt er heute. Sein Austrittsgesuch wurde zwar nicht bearbeitet. Sein Entschluss aber stand fest. Zumal er gemerkt hatte, dass das Menschenbild der CDU nicht seines war. Die Partei vertrete "einen stark mütterlichen Staat", sagt Nerz, er hingegen die Freiheit. Er will die Menschen nicht entmündigen. "Ich glaube, dass die Menschen selber am besten wissen, was sie wollen. Und wenn sie sich ruinieren wollen, werden sie sich ruinieren, und keiner wird sie aufhalten", sagt er etwa zur Drogenpolitik.

Im Jahr 2009 glückte er dann doch noch, der Austritt aus der CDU, und der raketenartige Aufstieg des Sebastian Nerz begann. Inzwischen hat der 28-Jährige quasi dieselbe Politikerentwicklung hinter sich, die er früher nicht machen wollte – vom Ortsverband bis zum Landesverband und weiter zum Bundesverband. Doch bei den Piraten ging das viel schneller. 2009 trat Nerz der Partei bei, zwei Jahre später, im Mai 2011, wurde er zu ihrem Bundesvorsitzenden gewählt. Bei der kürzlich erfolgten Wahl kandidierte er jedoch nicht mehr für den Spitzenposten. Der oberste Pirat wird nämlich nicht entlohnt. Nerz musste also weiterhin seinem Brotjob als Entwickler von Software nachgehen und hatte kaum mehr Zeit für inhaltliche Arbeit, geschweige denn für sein Hobby, die Feuerwerkerei. Nun ist er Stellvertreter des neuen Bundesvorsitzenden Bernd Schlömer und sehr zufrieden damit.

Vielleicht war das, was den Ausschlag für das Engagement bei den Piraten gab, schon immer in ihm drin. Denn schon als kleiner Junge hat Sebastian Nerz Regeln nicht einfach akzeptiert, er wollte sie verstehen. Wenn seine Eltern sagten, schwimm nicht außerhalb der Bucht, weil man das nicht macht – gab er wenig darauf. Sagten sie ihm, dass man dort von der Strömung mitgenommen werde, war die Regel eine Regel.

In der Politik zeigt sich dies dann so: Im Juni 2009 wurden in Deutschland verschiedene Gesetzesentwürfe diskutiert, die die Freiheit im Internet sehr stark eingeschränkt hätten. Unter anderem ging es damals darum, Internetseiten mit Kinderpornografie nicht zu löschen, sondern den Zugang dazu zu blockieren. Nach Ansicht von Nerz hätte das wenig bis nichts gebracht, und er war mit dieser Meinung nicht allein. Diese Auseinandersetzung ist wohl der stärkste Schub für die noch junge Piratenpartei in Deutschland gewesen. So wie viele sah auch Sebastian Nerz den Moment gekommen, aktiv zu werden, etwas zu bewegen.

"Es war damals völlig egal, ob eine Partei langfristig etwas ändern konnte. Es musste sofort einen Ruck geben", erklärt Nerz. Die einzige Partei, die er dazu imstande sah, waren die Piraten. Er hatte die noch junge Partei schon länger beobachtet, nun wurde er Mitglied. Nerz sagt, Bürgerrechte einzuschränken und damit die persönliche Freiheit sei einfach. Die Rücknahme eines Sicherheitsgesetzes dagegen sehr viel schwieriger. Die Freiheit des Einzelnen zu schützen ist für ihn ein wesentlicher Antrieb, sich politisch zu engagieren.

"Als ich im Jahr 2009 eingetreten bin, habe ich nicht gedacht, dass die Partei einmal Parlamentssitze erringen wird", sagt er. Nun will Nerz Abgeordneter werden und kündigt an, für eine Bundestagskandidatur zu kandidieren. Gelingt das und Nerz wird Abgeordneter, dann hätte der Tübinger eine ziemlich ungewöhnliche gewöhnliche Parteienkarriere gemacht.


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