"Die Schiene ist die Grundlage für eine klimaschonende und effiziente Mobilität", sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) am vergangenen Montag, als er weitere Zuschüsse und Investitionen für die Bahn ankündigte. Das klingt erst einmal gut. Wer in die Bahn investiert, tut etwas für den Klimaschutz, so ein gängiger Schluss. Aber Vorsicht: Nicht Bahn an sich ist ökologisch – es kommt auf das Konzept an.
Und das Konzept der DB AG ist überholt: Es geht von der ewigen Selbstverständlichkeit bezahlbarer Spritpreise und der Dominanz des motorisierten Straßenverkehrs als universalem Hauptverkehrsmittel aus. Darüber hinaus wird die unbeschränkte Flugzeugnutzung als gegeben angenommen. In dieser Welt des ungebremsten Wachstums von Verkehr und Ressourcenverbrauch soll der Schienenverkehr als Ergänzungsverkehrsmittel Nischen erobern: durch Hochgeschwindigkeitszüge mit einem weiterhin hochsubventionierten Luftverkehr konkurrieren, Zubringerdienste für einen wachsenden Luftverkehr erbringen, im Umfeld der Großstädte verstopfte Autobahnen durch Regionalexpress und ICEs entlasten und den Verkehrsinfarkt in den Ballungsgebieten verhindern. All das verlangt gigantische Investitionen in zusätzliche Hochgeschwindigkeitsstrecken, Tunnelbauten und Bahnhofsneubauten ohne nennenswerte Einsparung von CO2-Emissionen.
Grundsätzlich anders ausgerichtet ist das Konzept der Klimabahn. Denn es orientiert sich dagegen an den Herausforderungen einer Ökosphäre, die nur dann überleben kann, wenn auch die Verkehrsbedürfnisse mit möglichst niedrigem Einsatz von (auch regenerativen) Energien und Rohstoffen (die für jede Art Verkehrsmittel benötigt werden) befriedigt werden. Das hat drei zentrale Konsequenzen: 1. Notwendig ist eine deutliche Reduktion von motorisiertem Verkehr – insbesondere was den Ferngüterverkehr angeht. 2. Die Bahn ist das zukünftige Hauptverkehrsmittel bei weitgehendem Ersatz der anderen motorisierten Verkehrsträger. 3. Die unverzichtbaren Schienenverkehrsleistungen müssen auf möglichst ressourceneffiziente Art und Weise erbracht werden.
"Takt vor Tempo" als Sofortmaßnahme
Der heutige Güterverkehrsanteil der Bahn liegt bei knapp 20 Prozent; beim Personentransport liegt der Anteil der Schiene bei weniger als zehn Prozent. Die DB AG strebt bis 2035 eine Verdoppelung der Personen-Verkehrsleistungen an. Für das Konzept Klimabahn ist diese Zielsetzung völlig unzureichend. Stattdessen erfordern die Ziele Klimaschutz und Verringerung der Ressourcenabhängigkeit (also auch von knappen Erzen und Seltenen Erden für E-Autos) tendenziell eine Verdreifachung der Bahnkapazitäten bei gleichzeitiger Senkung des Gesamtverkehrsvolumens.
Im ersten Schritt bedeutet das die Konzentration der knappen finanziellen und vor allem der Baukapazitäten auf die schnelle und zielgenaue Ertüchtigung des Bestandsnetzes – anstelle weiterer Hochgeschwindigkeitsstrecken, Prestigebahnhöfe und gigantischer Tunnelbauten, die auch langfristig gesehen eine extrem schlechte Klimabilanz haben.
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Bernd L.
am 11.05.2022