Nur mal angenommen, Friedrich Merz hätte sich für eine neue Generalsekretärin entschieden und ihr aus Paritätsgründen einen Stellvertreter zur Seite gestellt. Die beiden Männer hätten beim digitalen Parteitag vom Wochenende sicherlich Mittel und Wege gefunden, die Veränderung in der engsten Führung markant zu promoten als Innovation. Und dem Neuen die Chance zur Präsentation zu geben, auch wenn der Posten erst noch in die Satzung aufgenommen werden müsste. Schon allein deshalb, weil fast tausend Delegierte zugeschaltet waren.
Aber der Stellvertreter ist eine -in. Sie heißt Christina Stumpp, geboren in Backnang, findet offiziell nicht statt. Nicht auf der Homepage in der Liste der Neugewählten, schon gar nicht in den Live-Interviews im Parteitags-TV-Studio der CDU. Das mit Niedersachsens Landeschef Bernd Althusmann dauert zwanzig lange Minuten, von denen er der früheren persönlichen Referentin von Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Peter Hauk bestimmt gern ein paar abgegeben hätte. Nur kam niemandem dieser Einfall, weil Gleichstellung selbst 2022 einfach nicht grundsätzlich mitgedacht wird in der CDU. Nicht mal dann, wenn es zur eigenen Ehre gereichen würde.
Exakt dieser Erkenntnis wollte Annette Widmann-Mauz endlich ebenso grundsätzlich begegnen, und exakt deshalb flog die Bundesvorsitzende der Frauen-Union aus der Führungsspitze der Partei. Jetzt muss die 55-Jährige sich mit einem Platz auf den hinteren Rängen der "beratenden Teilnehmer" abfinden. Die Niederlage der langjährigen Tübinger Bundestagsabgeordneten hatte sich im Vorfeld überdeutlich abgezeichnet. Mal angenommen, dem Vorsitzenden einer der anderen Vereinigungen, der Sozialausschüsse oder der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung, hätte ein ähnliches Schicksal gedroht, wäre es so weit nie gekommen, weil einflussreiche Männer tüchtig geackert hätten, um genau dies zu verhindern. Widmann-Mauz dagegen bekommt als Zugabe dagegen noch Häme hinter den Kulissen ab. Gute Ratschläge eingeschlossen. Einerseits: Sie hätte halt nicht so laut für die Quote kämpfen sollen. Und andererseits sei die Frauen-Union mit ihrem Beharren auf Strukturveränderungen einfach zu verkrustet und innovationslos. Dabei lassen sich genau diese Zuschreibungen auch positiv wenden: hartnäckig und unbeirrbar.
Abhängig von männlichem Wohlwollen
Durchaus anzuerkennen ist, wie die CDU auf ihrem 34. Bundesparteitag das Personaltableau an der Parteispitze selbst ohne verbindliche Vorgaben verändert hat. Generalsekretär Mario Czaja lobt, dass es erstmals sogar mehr Kandidatinnen als Kandidaten gegeben hat. Der zweite Blick offenbart allerdings, wie vorgestrig die Verhältnisse dennoch sind. Nur eine einzige Frau, Yvonne Magwas, die schon bei der Besetzung der Bundestags-Vizepräsidentin Widmann-Mauz vorgezogen wurde, ist kraft dieses Amtes im Präsidium. Keine ist in beratender Funktion, weil es nur schwarze Ministerpräsidenten und keine -in gibt. Und von den 42 Mitgliedern im Vorstand, gewählt wie beratend, sind auch nur 14 weiblich.
4 Kommentare verfügbar
D. Hartmann
am 01.02.2022Also sind 30% des CDU-Bundesvorstand weiblich. Mmm, wie hoch ist eigentlich der Frauenanteil in der CDU-Mitgliedschaft?
Das musste ich selbst erst recherchieren:
Ende 2019 waren gerade mal 26,5% der CDU-Mitglieder weiblich.
https://www.bpb.de/politik/grundfragen/parteien-in-d…