Da haben sich die Richtigen getroffen. Wolfram Weimer, einst Chefredakteur von Springers "Welt", dann von "Focus" und "Cicero", heute Chef der nach ihm benannten Weimer Media Group (WMG), vergibt gemeinsam mit Gattin Christiane einen "Freiheitspreis der Medien". Der ging dieses Jahr an den juvenilen Wiener Regierungschef, den "Versöhner unterschiedlicher Interessen und weltpolitischer Anschauungen", den Brückenbauer "quer durch den Kontinent", den "Markenbotschafter Europas und der Freiheit", so die Begründung. Ziemlich viel Weihrauch für einen 34-Jährigen an der Spitze eines ziemlich kleinen Landes, der zudem um sein Amt bangen muss. Egal! Griechenlands Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis rühmte in seiner Video-Laudatio "dein Leadership zu Hause, Sebastian, und deinen Charakter". Und Sebastian dankte für die "überfreundlichen Worte des Lobes".
Überfreundlich? Eher die Realitäten verleugnend. Denn Kurz ist selbstverschuldet unter massivem Druck, so wie noch nie in seiner inzwischen im verflixten 13. Jahr angekommenen politischen Karriere. Die Causa, die ihn direkt von der Regierungs- auf die Anklagebank bringen könnte, ist kompliziert. Doch einer der vielen SMS-Dialoge, die in Folge parlamentarischer Aufklärungen des berühmt-berüchtigten Ibiza-Videos bekannt wurden, illustriert den Charakter eines hochgradig unzimperlichen Aufsteigers.
Als die katholische Kirche seine mehrfach demonstrierte Hartherzigkeit in der Flüchtlingspolitik kritisierte, traf sich ein Kurz-Vertrauter mit einem Bischof und versprach vorher: "Wir werden ihm die volle Packung rüberlegen, wir werden der Kirche vorrechnen, was wir alles an den Steuergesetzen und an den Förderungen verändern können, wenn sie unbotmäßig agieren." Kurz' Antwort: " "Ja, super. Bitte Vollgas." Nachher wird Vollzug gemeldet: Der Kirchenmann sei "eingeschüchtert" worden, "am Anfang war er rot, dann blass und dann zittrig". Die Reaktion des Regierungschefs: "Super, danke vielmals!!!!"
Listenplätze nach Gutdünken vergeben
Die Konsequenz, mit der die Herausgabe von Akten bisher verweigert wurde, legt den Verdacht nahe, dass darin weitere Kleinodien zu finden sind. Dabei reicht das schon Bekanntgewordene zu Charakterstudien, die an Kurz’ Eignung für Spitzenpositionen zweifeln lassen. Ein Lied davon singen kann Reinhold Mitterlehner, früher Vorsitzender der Österreichischen Volkspartei (ÖVP), den Kurz 2017 ebenso rustikal wie gekonnt vom Hof jagte. Woraufhin der Geschasste sich 2019 revanchierte mit "Haltung", einem äußerst offenherzigen Buch über die rüden Methoden des strebsamen Nachfolgers.
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horst
am 27.05.2021