Die baden-württembergische SPD-Malaise wird auf Bundesebene kopiert. Der Platz hinter den Grünen ist der SPD auf Landesebene schon seit 2011 sicher. Die ohne Zweifel schmerzlichen 0,9 Prozentpunkte, auf die sich der Unterschied damals belief, haben sich in fünf Jahren Mitregierung allerdings verzwanzigfacht. In vielen Kommunen liegen die Roten nicht erst seit dem 26. Mai auf Platz drei. In Stuttgart haben Martin Körner, Chef der Gemeinderatsfraktion, und seine VorgängerInnen nicht nur die Floskeln des Grauens überstrapaziert, sondern zugleich die Blaupause des Verfalls geliefert: immer schön druff auf die Grünen, die nicht mehr als ungeliebt, sondern eigentlich als gehasst in der SPD beschrieben werden müssen. Auf die 17 Prozent, die die SozialdemokratInnen bei den Stuttgarter Kommunalwahlen 2009 einfuhren, folgten fünf Jahre danach 14,3 Prozent. Und diesmal, nach der besonders unappetitlichen Kampagne gegen den gar nicht zur Wahl stehenden grünen OB Fritz Kuhn, sind es noch 11,6 Prozent. Zerlegt in weniger als 50 Jahren, nach einem Höchststand von mehr als 44 Prozent 1971.
Im Detail ist guter Rat an vielen Ecken und vor allem den Enden der Partei teuer. Zum Beispiel angesichts der Alterspyramide der SPD-affinen Wählerschaft oder des Umstands, dass sich in immer mehr der zahllosen Ortsvereine immer kleinere Grüppchen ohne Schlagkraft und ohne öffentliches Echo versammeln. Auch fehlt der Mut, endlich auf Distanz zu gehen zu den Fehlern der Vergangenheit. Gerhard Schröders fatale Formel, es gebe keine linke oder rechte Wirtschaftspolitik, sondern nur richtige oder falsche, und die Agenda 2010 müssten vernehmlich und beherzt als das benannt werden, was sie waren: der Anfang des Niedergangs.
Im Land finden vor allem Stoch und sein Generalsekretär Sascha Binder keinen Weg aus dem ideologischen Eunuchentum. "Wir schlagen die konsequente Erneuerung als sozial-ökologische Partei des 21. Jahrhunderts vor", schreiben die DL-21-Linken in ihrem Papier, "die Verteilungsgerechtigkeit und Nachhaltigkeit radikal angeht und die programmatische Führungsposition im Lager links der Mitte zurecht für sich reklamieren kann." Das müssen keineswegs alle oder auch nur eine Mehrheit der GenossInnen für richtig halten. Sie haben aber einen Anspruch darauf, zu erfahren, wie sich die Spitze des Landesverbands dazu verhält.
Rote Erfolge sind noch möglich
Der Blick über Grenzen zeigt, dass und wo rote Erfolge noch möglich sind. Mit klassischer linker Politik wie in Portugal, mit Fortune, die Nahles nie hatte, und Mut wie in Spanien, mit traditioneller Beharrlichkeit wie in Schweden. In Dänemark sind Sozialdemokraten mit einer speziellen Melange auf der Erfolgsspur: einer Kombination aus linker Wirtschaftspolitik und einem eher rechten Kurs in der Migration, der die Nationalisten im Land bei den Europawahlen von 22 auf elf Prozent schrumpfen ließ. Und sie haben mit der 41-jährigen Mette Frederiksen eine populäre Kandidatin für das Amt der Ministerpräsidentin, die bisher alle Anfeindungen wie die, dass sie ihre Tochter auf die Privatschule schickt, überstanden hat.
3 Kommentare verfügbar
Jörg Tauss
am 06.06.2019Schmid wurde nicht nur mit einem Bundestagsmandat "belohnt" sondern in Berlin auch…