Jeder Abschied ist ein kleiner Tod. "Über 140 Jahre lang lebte die Sozialdemokratie von der Spannung aus Gegenwart und Zukunft", analysierte Albrecht von Lucke vor elf Jahren. Damals hatte sich die Partei aufgemacht in Richtung "neues Leitbild", um das Berliner Programm durch das Hamburger Programm zu ersetzen. Letzteres, verabschiedet 2007, werde so der Politologe in prophetischer Weitsicht, "keine Debatte in der Gesellschaft anstoßen, von einer gesellschaftlichen Vorreiterrolle ganz zu schweigen". Anstatt eine Auseinandersetzung darüber zu führen, was in einer sozial gerechten und ökologisch nachhaltigen Gesellschaft der Zukunft vertretbar sei, "verabschiedet sich die SPD mit ihrem neuen Programmentwurf von der dringend erforderlichen Wachstums- und Fortschrittskritik".
Wenig später waren die zukunftsvergessenen Grundsätze mit großer Mehrheit von einem Bundesparteitag verabschiedet und Gegenwart. Seither geht es vornehmlich bergab mit der alten Tante SPD, wenn auch in Wellen und speziell abgesehen vom kurzlebigen Hype um Martin Schulz. Aber selbst der muss mittlerweile als Ausdruck stetig anschwellender Verzweiflung gedeutet werden. Und von Lucke reibt sich die Augen, weil eine "zugespitzte Befürchtung", wie er später einmal sagen wird, aus dem Jahr 2007 heute bittere Realität geworden ist: "Fest steht, dass mit diesem Programm des Übergangs die SPD selbst zu einer Partei des Übergangs wird, im schlechtesten Fall kann aus dem Übergang ein Untergang als Volkspartei werden."
Die Roten in Baden-Württemberg sind bekanntlich Abstiegs-ExpertInnen, auch wenn so manche Wahlniederlage aus heutiger Sicht ein Riesenerfolg wäre. Die Hessen-Wahl am kommenden Sonntag wird davon Zeugnis ablegen. Dieter Spöri, smart und tief verwurzelt in seiner SPD, hatte sich Ende der Achtzigerjahre im Bundestag einen Namen gemacht und wollte dann Baden-Württemberg ein bisschen umkrempeln: irgendwie modern, dynamisch – und zugleich sozial. Die Mission ging bekanntlich schief.
7 Kommentare verfügbar
Jue.So Jürgen Sojka
am 25.10.2018Jetzt ist ein Beschluss noch lange nicht dazu angetan auch umgesetzt zu werden! [b][2][/b]
Beschlusstreue / Vertragstreue wird ja von der "[b]Politiker-Kaste[/b]" nicht für…