Oliver Hilburger hört sich gerne reden. Auch in seiner mehrstündigen Vernehmung im Landtag bleibt unklar, ob die verquaste Ausdruckweise Absicht ist oder schlechte Gewohnheit. Jedenfalls formuliert der Maschinenschlosser, der beim Daimler arbeitete, reichlich unpräzise. "Ich finde es für mich eine Unverschämtheit, dass es Zeitgenossen gibt, die faktenfern einen Zusammenhang konstruieren zu den Morden von drei Personen und einer Videosequenz, die ich nie gesehen habe", ereifert er sich. Dabei hatte der Ausschussvorsitzende Wolfgang Drexler (SPD) nur erfahren wollen, ob er sich mal gefragt hat, wieso der NSU sein berüchtigtes Bekennervideo mit Teilen aus "Noie Werte"-Liedern unterlegt hat.
Der 48-Jährige war in der rechten Kultband jahrelang Bassgitarrist, wollte – wie alle Musiker, die der Ausschuss bisher gehört hat – natürlich nur Musik machen. Keine Distanz von seiner Vergangenheit, jedenfalls nicht von der rechten. "Zu keinem Zeitpunkt in meinem Wirken und Leben", so die gespreizte Erklärung, "habe ich die drei Personen gekannt, noch habe ich jemals in meiner ganzen Wirkungszeit so etwas gutgeheißen." Mit "so etwas" umschreibt er zehn Morde, 15 Raubüberfälle und drei Sprengstoffanschläge. Aber Worte sind eben nicht seins, er will nicht einmal die Liedtexte richtig gehört haben, die "Noie Werte" über Jahre gesungen hat. Als die Band-Mitgliedschaft 2007 bekannt wurde, trat Hilburger als Betriebsrat zurück – vorübergehend. Inzwischen ist er wiedergewählt und freigestellt: "Ich hab' überlegt, und ich hab' reflektiert." Und "eine weiße Weste" hat er auch noch, was aber "von der Öffentlichkeit" aber nicht honoriert worden sei. Das gehe "bis zur Rufschädigung".
Die eigenen Texte nicht verstanden: Rechte geben sich ahnungslos
Irgendwann in dem mehrstündigen Hin und Her fällt dann doch ein Schüsselsatz: "Wir sind nie belangt worden." Stimmt, weil gewisse Lieder wie "Geheuchelte Humanität" über den bis zu seinem Selbstmord in Spandau einsitzenden Hitler-Stellvertreter Rudolf Hess nur in Italien oder im Elsass gesungen wurden, wo es nicht verboten ist, den rechten Arm schräg nach oben zu strecken. Was Hilburger ebenso wie der nach ihm auftretende frühere Lead-Gitarrist Andreas Graupner übrigens nie gesehen haben will. "Sie waren geblendet von Scheinwerfern und haben Kopfhörer aufgehabt", fasst der Ausschussvorsitzende zunehmend gereizt zusammen, als die Musiker immer wieder beteuern, mit den Texten wenig bis nichts zu tun gehabt zu haben. Was höchstwahrscheinlich nicht stimmt, auf Grund der "Zeugenamnesie" (Drexler) aber kaum zu widerlegen ist.
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David Sohn
am 08.11.2017