Wenn es um den Klimawandel geht, hängt Ministerpräsident Winfried Kretschmann die Latte gern besonders hoch. Das sei für ihn das "wichtigste aller wichtigen Themen", sagte er bei einer Rede im fränkischen Ilshofen. Der Klimawandel, so zitierte die örtliche Zeitung den Politiker, sei "die entscheidende Herausforderung des 21. Jahrhunderts". Denn: "Da geht es um den Planeten."
Correctiv-Recherchen zeigen nun: Ausgerechnet das Bundesland mit dem grünen Ministerpräsidenten an der Spitze hält das größte Klimasünder-Portfolio. Rund 190 Millionen Euro sind in Unternehmen geflossen, die mit Kohle, Öl und Gas ihr Geld verdienen. Das ist fast so viel wie von allen anderen Bundesländern zusammen. Zum Vergleich: Platz zwei im Schmutzinvestitionen-Ranking geht an Nordrhein-Westfalen – deren Pensionsfonds haben immerhin 81 Millionen in Klimasünder investiert. Insgesamt sind über die beiden baden-württembergischen Pensionsfonds für die Beamten und Richter des Landes rund zwei Milliarden Euro investiert. Fast ein Zehntel des Geldes steckt also in klimaschädlichen Unternehmen.
Über Monate weigerte sich das baden-württembergische Finanzministerium, detaillierte Daten zu den Investments preiszugeben. Man bat um "Verständnis dafür, dass wir auf die Aufstellung einzelner Aktien und Anleihen verzichten möchten". Als Grund wurde die "Wahrung der Geschäftsgeheimnisse der Fondsmanager" angeführt. Diese "schutzwürdigen privaten Interessen" dürften nicht verletzt werden. Erst eine vorab von Correctiv per E-Mail versandte elfseitige Klageschrift ließ das Finanzministerium doch noch einknicken – kurz vor einem möglichen Prozessbeginn.
Die nun ins Licht der Öffentlichkeit gebrachten Daten zeigen: Zwar investiert Baden-Württemberg in ähnliche fossile Riesen wie die anderen Bundesländer – jedoch ungleich höheren Summen. Der französische Ölkonzern Total erhält über 31 Millionen Euro – rund drei Mal so viel wie aus Bayern. Auch in die italienische Ölfirma Eni und den spanischen Energieversorger Iberdrola sind zweistellige Millionenbeträge geflossen. Allein diese drei blasen jährlich weit mehr CO2 in die Atmosphäre als die zehn größten Braunkohlekraftwerke in Deutschland.
3 Kommentare verfügbar
Schwabe
am 04.08.2016der Dank hinsichtlich Recherche (und elfseitiger Klageschrift) gebührt in diesem Fall dem gemeinnützigen Recherchezentrum CORRECTIV - nicht Kontext.