Die Sonne lacht über Stuttgart an diesem viel zu warmen Februarmontag. Aber nicht über dem schwarzen Spitzenkandidaten. Der steht vor seinem Reisebus, mit dem er gleich aufbrechen will zur "Schlussspurt-Tour" genannten Reise, die am 13. März mit einem Sieg für ihn und seine CDU enden soll. "Gemeinsam werden wir die Ziellinie überschreiten", sagt er, was jetzt doch komisch klingt, weil längst niemand mehr weiß, wo die eigentlich verläuft. 40 plus X waren im vergangenen Sommer angepeilt. Bei 30 ohne X liegt der Landesverband nach der jüngsten Umfrage – und damit hinter den Grünen.
Die Frage nach dem Warum kennt viele Antworten. Eine gibt ungewollt der Spitzenkandidat vorm Einsteigen. Der einstige Tuttlinger Landrat, der so gern Gedichte schreibt, redet herum, bleibt konkrete Antworten schuldig. Der monarchischen Beteuerung, er höre auf "die Menschen", fehlt bloß die Phrase "draußen im Land". Die wollen aber auch klare Botschaften. Und nicht, wie Wolfs geschraubte Formel lautet, die CDU "in einer Situation erleben, in der wir vielschichtig unterwegs sind". Mit solchen Worthülsen versuchen er und die anderen Merkel-Skeptiker im Landesverband, sich vor einem klaren Nein zum Kurs der Kanzlerin in der Flüchtlingspolitik zu drücken und vor allem vor einem eindeutigen Ja.
Schon vor dem Jahreswechsel hatte unter anderem Bundestagsfraktionschef Volker Kauder, ein langjähriger politischer Weggefährte aus Tuttlingen, hinter den Kulissen auf die "große Gefahr" der Doppelstrategie hingewiesen: Anhänger des "Wir schaffen das!", die es immer noch in großer Zahl im bürgerlichen Lager gebe und weiterhin geben werde, würden damit in die Arme der Grünen getrieben. Das Wolf-Lager im Landesvorstand versucht jetzt, den Spieß umzudrehen: Diskutiert wurde am Montag ernsthaft, die Bundesvorsitzende aufzufordern, sich öffentlich von Winfried Kretschmann zu distanzieren. Sogar von "Stalking" war die Rede. Es sei "erbärmlich", heißt es bei den Grünen, auf welchem Niveau der Herausforderer seinen Wahlkampf inzwischen führe. Der Ministerpräsident warnt derweil vor "taktischer Finesse und Finten" in derart schwerwiegenden europäischen Fragen und nimmt den "Stalking"-Vorwurf "einfach nicht ernst".
Rülke manövriert im Alleingang
Andere können sich diesen Luxus nicht leisten. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke hat am Sonntag auf dem Kleinen Parteitag in Pforzheim versucht, die Liberalen im Alleingang auf eine CDU-geführte "Schwampel" festzulegen, die neuerdings eleganter "Deutschland-Koalition" aus Schwarz, Rot und Gelb heißt. Alle Fehler strahlen jetzt auf sie ab. Möglich wurde Rülkes Manöver nur durch den vergleichsweise billigen Tagesordnungstrick: Anders als ursprünglich geplant hatten die Delegierten zunächst den Wahlaufruf abzustimmen, in dem es heißt, man könne sich eine grün geführte Ampel nicht vorstellen – und erst danach erteilte der Spitzenkandidat allen Gedanken an Grün-Rot-Gelb eine eindeutige Absage.
4 Kommentare verfügbar
Dr. Uwe+Prutscher
am 25.02.2016