"Ich tue es für eure Kinder", rief der 44-jährige Frank S., als er am Morgen des 17. Oktober auf Henriette Reker mit einem Bowiemesser einstach. Nach Angaben der Ermittlungsbehörden handelte der Arbeitslose aus fremdenfeindlichen Motiven. In seinen Einlassungen soll er Reker, die als Sozialdezernentin für die Unterbringung von Flüchtlingen zuständig ist, für angebliche Fehler in der Migrationspolitik verantwortlich gemacht haben.
Der Mann ist kein Unbekannter: In den 90er-Jahren bewegte er sich in neonazistischen Kreisen, nahm an Gedenkmärschen für Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß teil und sympathisierte mit der 1995 wegen Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus verbotenen Neonazitruppe "Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" (FAP).
Bisher gefährdeten Rechtsextremisten mit ihren Anschlägen und ihrem Terror den freiheitlich demokratischen Rechtsstaat nicht ernsthaft. Dennoch gab es immer wieder rechtsextreme Gruppierungen und tatsächliche oder vermeintliche Einzeltäter, von denen erhebliche Aktivitäten ausgingen. Aus rechtsterroristischen Zusammenhängen heraus wurden schwere Straftaten wie Morde, Überfälle zur Beschaffung von Waffen und Geld sowie Brand- und Sprengstoffanschläge verübt. Dabei wandten rechtsextreme Gewalttäter konspirative Techniken an und knüpften internationale Verbindungen. Neonazistische Gewalttäter haben im Laufe der Jahrzehnte eine größere Blutspur als die RAF hinterlassen. Im Gegensatz zu den Aktionen der RAF ist der Terror von rechts jedoch kaum im kollektiven Gedächtnis der bundesdeutschen Bevölkerung präsent. Die Opfer der Hasskriminalität sind weithin in Vergessenheit geraten.
Rechtsterrorismus ist kein neues Phänomen
Vor der Entstehung der Terrorbande Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) 1998, die mindestens zehn Menschen ermordete, drei Sprengstoffanschläge mit mehr als 20 Verletzten verübte und mindestens 15 Überfälle auf Post- und Sparkassenfilialen beging, wurden schon mehrere Prozesse wegen rechtsterroristischer Strukturen geführt: der Bückeburger Prozess (1979), der Braunschweiger Prozess (1981), der Prozess "Deutsche Aktionsgruppen" (1982), der Prozess "Kommando Omega" (1983), der Prozess Gruppe Kexel/Hepp (1985), der Prozess Karl-Heinz Hoffmann (1986), der Prozess Peter Naumann (1988).
Rechtsterrorismus war zur Zeit des ersten NSU-Mordes am 9. September 2000 kein neues Phänomen. Im Gegenteil. Am 22. August 1980 führten Mitglieder der von Manfred Roeder gegründeten "Deutschen Aktionsgruppen" einen Brandanschlag auf eine von Vietnamesen bewohnte Flüchtlingsunterkunft in Hamburg aus. Zwei Vietnamesen kamen ums Leben. Es war der erste tödliche Brandanschlag auf Ausländer in der Geschichte der Bundesrepublik. Roeder kannte die späteren NSU-Terroristen. Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos sowie Andre Kapke, später Zeuge im NSU-Prozess, und Ralf Wohlleben, später Angeschuldigter im NSU-Prozess, nahmen 1996 an einer Verhandlung gegen Roeder in Erfurt teil.
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Schwabe
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