Deren Chefin Edith Sitzmann musste auf einer Pressekonferenz einräumen, entscheidende Mails erst verspätet zur Kenntnis genommen zu haben. Richtig sauer war die SPD. Nik Sakellariou, ihr Obmann im Ausschuss, der sich im Zusammenhang mit der Rechtsexpertise der Landtagsverwaltung persönlich vorsätzlich durch Grüne getäuscht und belogen sah, übte öffentlich scharfe Kritik, hielt sich erst in den vergangenen Tagen "um des lieben Friedens willen" zurück. Ebenso wie der Ausschussvorsitzende Wolfgang Drexler, der auch schon versucht hatte, Sckerl zum freiwilligen Rückzug zu bewegen. Drexler hofft jetzt auf ein Klima der interfraktionellen Zusammenarbeit, analog zu den NSU-Gremien im Bundestag und im Erfurter Landtag.
Schmerzliche Entscheidung
"Es geht nicht um mich", hatte der Grüne mehrfach wiederholt und gehofft, dass die Botschaft ankommt. Allerdings war sie nur ein Teil der Wahrheit. Denn natürlich ging es in der wochenlangen Hängepartie nicht allein um die Sache, sondern gar nicht zuletzt um ihn, Edith Sitzmanns einflussreichen Stellvertreter, den parlamentarischen Geschäftsführer mit der jahrzehntelangen kommunalpolitischen Erfahrung, den nach dem Ministerpräsidenten Ältesten in einer Fraktion, in der viele seine Kinder sein könnten. Und es ging um seine Rolle in der NSU-Aufklärung, die er als einer der wenigen im Parlament seit der Ermordung der Polizistin Michèle Kiesewetter 2007 in Heilbronn hartnäckig verlangt hat. Er habe sich intensiv mit dem Nationalsozialistischen Untergrund beschäftigt, sagte er im Kontext-Gespräch nach seinem Rückzug, "und mit der Architektur der Sicherheitsbehörden". Natürlich werde er sein Wissen zur Verfügung stellen. Es sei auch eine schmerzliche Entscheidung gewesen, auf die Mitarbeit zu verzichten.
Er spricht von "harten acht Wochen" und von "reiflicher Überlegung". Am Ende reagierte die Fraktion mit anhaltenden Applaus auf seine Mitteilung. Sitzmann fand warme Worte. Zu den Akten kann jetzt gelegt werden, dass der Weinheimer in dem, was CDU und FDP "Gutachten-Affäre" nennen, die Finger im Spiel hatte und dass manche seiner Darstellungen nicht zusammenpassten: Einmal will er vor allem ein eher passiver Adressat von Kollegen-Mails gewesen sein, dann wieder beschreibt er seine Aufgabe als beratend und unterstützend. "Es gab vonseiten von Willi Halder Aufklärungsbedarf", wird er Anfang November im "Rheinneckarblog" zur Zusammenarbeit mit dem Enquêtevorsitzenden zitiert, "der hatte Rechtsfragen, weil er kein Jurist ist". Sckerl, der sich gerne als "PGF" bezeichnet, ist aber auch keiner: Er war Geschäftsführer einer Heidelberger Kanzlei, das einschlägige Studium blieb unvollendet.
Gerade im Alltag, wenn es um ganz unspektakuläre Regularien geht, maile kaum einer so eifrig wie er, heißt es in der Fraktion. Frühmorgens oder spätabends, an Wochenenden ohnehin und häufig in der Tonlage eines Pfadfinderführers, der seine Wölflinge motivieren muss. "Das Ziel rückt unaufhaltsam näher", schrieb er vergangene Woche während der Haushaltsberatungen, "heute liegen die letzten rund sieben Stunden vor uns. Dann ist es geschafft." Und er klärte die Abgeordnetenkollegen über ihre Präsenzpflicht bei Abstimmungen auf, als wäre die im vierten Jahr der Legislaturperiode nicht längst Allgemeingut selbst unter den Neulingen. "Der Uli orchestriert gern Kampagnen", meint eine Abgeordnete, die ihn lange kennt, mit einem Augenzwinkern, weil diese Formulierung aus dem PR-Jargon so viel heißt wie: Er bläst zu oft Selbstverständliches mächtig auf.
12 Kommentare verfügbar
Christoph N.
am 03.01.2015Man könnte anfügen: Warum hatte U.S. beim MP und den anderen "Spitzengrünen" keine Rückendeckung mehr?
Stört er deren Wahlkampfstrategie, wenn er weiter unangenehme Fragen über die Regierungszeit der CDU zu Recht so lange stellt, wie sie unbeantwortet…