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Stuttgarter Pressehaus

Dreigestirn der Lebenslust

Stuttgarter Pressehaus: Dreigestirn der Lebenslust
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Gute Nachrichten vom Zeitungskonzern: Es gibt ein Trio aus Chefredaktion, Gesellschaftsreporter und Weinmeister, das sich um die wirklich wichtigen Dinge kümmert. Einen Preis hat's auch schon gegeben.

Nicht schon wieder. Das traurige Lied von den entsorgten Journalistinnen und Journalisten, dem besorgten Publikum, dem Monopol, der schlechten Zeitung und der notleidenden Demokratie. Kein Wort darüber in diesem Text. Wer’s trotzdem braucht, gebe "SWMH" in das Suchfeld auf der Kontext-Seite ein und ist bedient. Besser ist es, das Büchlein "Ein Jahr voller guter Nachrichten" von Martin Smatana zu kaufen. Kostet nur zwölf Euro und steckt voller wunderbarer kleiner Geschichten.

Andererseits kommt es auch auf den Blickwinkel an, also auf die Perspektive, von wo aus die Dinge betrachtet werden. In dieser Hinsicht schält sich im Möhringer Pressehaus ein Dreigestirn heraus, das dem Elend endlich trotzt. An erster Stelle ist Swantje Dake zu nennen. Sie ist die Zukunft, Geschäftsführerin und Chefredakteurin Digital, und schaut mit den Augen der Leserinnen und Lesern auf die Welt. Die wollen vor allem Dinge sehen, die sie emotional berühren. Liebe und Partnerschaft. Villen auf dem Killesberg. Gehälter beim Daimler. Verstopfte Duschen. Nur keine Gemeinderatssitzungen. Das schrecke insbesondere die Jüngeren ab. Sie interessierten sich eher für Orgasmusfragen, sagte Frau Dake im November im Hospitalhof, wo sie der Landtagspräsidentin Muhterem Aras, dem DGB und der katholischen Kirche den neuen Stuttgarter Weg wies.

Ausgabe 581, 18.05.2022

Der Kahlschlag der Knauser

Josef-Otto Freudenreich

Sparplan erfüllt: Die StZN-Redaktion verliert fast ein Viertel ihrer Leute, darunter den Leiter des Berliner Büros. Der Kompetenzverlust ist dramatisch. Auch beim Flaggschiff "Süddeutsche Zeitung" gehen die Leute von Bord. Für den Konzern SWMH ist das bedrohlich, für die Kundschaft ebenso.

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Die personifizierte Lebenslust ist auch Uwe Bogen. Als Baby Schimmerlos der StZN ersetzt er im Grunde alleine die kommunalpolitischen Kollegen, die ständig Frank Nopper am Zeug flicken, während Bogen auf dessen Gattin Gudrun und ihre Wohltätigkeit achtet, die sich um die Christoph Sonntags dieser Welt mühelos erweitern ließe. Hier herrscht einfach gute Laune, wenn nicht gerade irgendeine Ex böse Sachen behauptet. Wie man hört, bespricht der Oberbürgermeister seine Agenda ohnehin lieber mit dem Gesellschaftsreporter als mit der StZN-Rathaustruppe, was deren Halbierung, quantitativ wie qualitativ, sinnvoll erscheinen lässt. Nopper hat die Zeichen der Zeit eben erkannt, während sein Vorgänger Fritz Kuhn verächtlich von der "Bogenisierung" der Lokalpresse sprach. Das Ergebnis ist bekannt.

Fehlt noch der Dritte im Forum des Frohsinns: Holger Gayer. Der frühere Sportjournalist und Lokalchef ist geschäftsführender Redakteur und Erfinder der "Württemberger Weinmeisterschaft", die er regelmäßig im Pressehaus ausrichtet. Alles, was Rang und Namen hat, von Aldinger bis Wöhrwag, reist an, Moderator Gayer versammelt sie um sich wie Jesus einst seine Apostel, und alle stehen dicht gedrängt wie einst die Flaschenkorken auf den Simsen der Lokalredaktion. Er kennt den "feingliedrigen Riesling Katharina" genau so wie den "rassigen Chardonnay", den die "Stuttgarter Zeitung" zusammen mit Aldinger für günstige 19,80 Euro verkauft. Seitdem ist aus der "führenden Landeszeitung" (Eigenwerbung) die führende Weinzeitung geworden. Und das hat auch die deutschen Zeitungsverleger begeistert. Sie haben der StZ den "Nova Award" für die önologische Meisterschaft verliehen, für eines der "innovativsten Formate" in Deutschland. In vino veritas.


Anmerkung:

Uwe Bogen von den StZN legt Wert auf die Feststellung, dass Oberbürgermeister Frank Nopper keineswegs seine Agenda mit ihm bespricht. Vielmehr sei der OB oft sehr verärgert über ihn, weil er ihn "immer wieder kritisch" angehe. Im Übrigen verstehe er sich nicht als Gesellschaftsreporter, seine Hauptarbeit sei die Stadthistorie und die Berichterstattung über  Stadtkultur.


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7 Kommentare verfügbar

  • Emilia Landowski
    am 03.01.2023
    Antworten
    Wahrheit, lieber Herr Bogen, gibt es laut Hannah Arendt bekanntlich nur zu zweien. Was das heißt? Der von Ihnen in Teilen kritisierte überspitzte und zugespitzte SWMH-Jahresrückblick 2022 von Herrn Freudenreich ist die eine Wahrheit. Ihre Replik darauf (siehe https://uwe-bogen.de/2023/01/01/liebe-ko…
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