Serger ist 70 und seit 2011 im Ruhestand. Danach hat er sich einen Namen als Experte für jüdische Geschichte gemacht und weiter für die BZ geschrieben. Bis zu jenem Juli 2018, bis zur überraschenden Mitteilung vor wenigen Wochen, dass die Chefredaktion ihn nicht mehr im Blatt sehen wolle. Überbracht wurde sie ihm von Lokalkollegen, mit denen er einen Beitrag über die Verbindungen des jüdischen Kaufhauskönig Max Emden nach Freiburg vereinbart hatte. Nachdem auch dieser Text nicht in der BZ stehen darf, veröffentlicht ihn Kontext.
Serger lässt sich nicht sagen, wie Journalismus geht
Fricker bestätigt den Vorgang, bekundet aber zugleich seine Bereitschaft, mit Serger zu sprechen – zu seinen Bedingungen. Und die lauten: Der Sergersche "Betten-Striebel" findet nach wie vor nicht statt, aber gerne mit Begründung. Und Serger kontert: "Die Frickersche Begründung kenne ich, die kann er sich sparen." Der weißhaarige Bärbeiß, nach eigener Aussage auch nicht "auf der Brennsupp dahergeschwommen", ist old school. Er lässt sich nicht sagen, wie er sein Handwerk zu machen hat. Das hat er selber gelernt und gelehrt, unter anderem bei der Bundeszentrale für politische Bildung. Und als BZ-Chronist kennt er die alten Geschichten, wie Hans-Karl Filbinger in den Siebzigern die Redaktion auf Linie bringen wollte, wie die Gesellschafter in den Achtzigern den "linksorientierten" Kurs beenden wollten, wie in den Neunzigern der damalige Chefredakteur Peter Christ gestürzt wurde, wie anno 2009 Ralf Dahrendorf als Berater, Autor und Namensgeber für einen Preis auftauchte, mit dem Beiträge ausgezeichnet werden, die "in vorbildlicher Weise erklären, wie Demokratie auf lokaler Ebene funktioniert".
Will sagen: Vor diesem Hintergrund sind Frickers rustikale Hauruck-Aktionen gefährlich. Innen wie außen. Die "Badische Zeitung" ist kein Blatt wie jedes andere. Das hat mit ihrer Geschichte zu tun, dem Auftrag der französischen Militärregierung, ein national vorzeigbares Blatt zu machen, mit den ersten Journalisten der "Frankfurter Zeitung", die einen "entschieden demokratischen" Kurs fuhren, mit dem hochgeachteten Chefredakteur Ansgar Fürst und den Verlegern, die Journalistinnen und Journalisten nicht nur als Kostenträger betrachten. Wenn Fricker also öffentlich kundtut, der "manipulative" Beitrag von Serger sei aufgrund der "Gedankenlosigkeit eines Redakteurs" ins Blatt gerutscht, der im Haus als Edelfeder gilt, dann wird das Eis dünn.
8 Kommentare verfügbar
Andreas Lobe
am 28.06.2019