Zuerst die Stimme: Leise, fast singend und heiter klingt sie. "It is the Voice of the fourth Person singular", sagt sie, die Stimme der vierten Person Singular. "It is the Voice within the Voice of a Turtle. It is the Face behind the Face of a Race. Poetry is made of Night-Thoughts (Es ist die Stimme in der Stimme einer Schildkröte. Es ist das Gesicht hinter dem Gesicht einer Rasse. Poesie wird gemacht aus Nachtgedanken)." Lawrence Ferlinghetti ist es, der spricht, eines seiner Gedichte liest, begleitet von der italienischen Rockband El Topo Grand Hotel. "Ferlinghetti Blues" heißt das Stück, es entstand 2001.
Wer war der Poet? Rund 30 Menschen sind am Montagabend ins Theater Rampe gekommen, um es zu erfahren. Wer von ihnen kennt Ferlinghetti bereits? – Dies ist die erste Frage des Abends. Es sind wenige.
Geboren wurde Lawrence Ferlinghetti 1919 in Yonkers, einem Stadtteil von New York. Seinen Vater traf er nie, seine Mutter musste sich früh in psychiatrische Behandlung begeben. Er wuchs zunächst bei einer Tante auf, die mit ihm nach Frankreich zog, später bei sehr wohlhabenden Zieheltern in den USA. Er studierte, fuhr zur See, meldete sich freiwillig zum Kriegsdienst, lag als Kapitän eines Schiffes vor der Küste, als die Alliierten 1944 in der Normandie landeten. Der Atombombenabwurf über Nagasaki, sagte er später, habe ihn augenblicklich zum Pazifisten gemacht.
Für die Kunstfreiheit vor Gericht
Ferlinghetti ließ sich in San Francisco nieder. Dort eröffnete er 1953 den City Lights Bookstore, die erste Buchhandlung, die ausschließlich Taschenbücher verkaufte – ein Affront gegen eine Gesellschaft, die Literatur als einen Luxusgegenstand betrachtete. Ein Jahr später gründete er den Verlag City Lights Books. Ferlinghetti verlegte Allen Ginsbergs Gedichtband "Howl", ein Buch, das unter dem Vorwurf der Obszönität beschlagnahmt wurde, einen Skandal auslöste. Vor Gericht erkämpfte er eine Kunstfreiheit, die heute längst selbstverständlich ist.
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