Edle Geschmeide, eine elegante Kutsche, Ehrenzeichen und Orden, ein Marschallstab, Wände voller Fotos: Im Stadtpalais, dem "Museum für Stuttgart", wird einiges aufgefahren für die größte Schau über Wilhelm II. von Württemberg seit seinem Ableben vor 100 Jahren. Gleich daneben, im Hauptstaatsarchiv, läuft die kleine Schwester der großen Schau, zu sehen sind hier vor allem Briefe von König Wilhelm. Weit weniger prächtig, aber durchaus informativ.
Schon bei der Eröffnung am 1. Oktober versuchte man, quasi royalen Glanz auszustrahlen. Vor den 170 geladenen Gästen, den üblichen Persönlichkeiten aus Kultur und Politik, sprach per Video Ministerpräsident Winfried Kretschmann, eine Art später Nachfolger des hochverehrten Königs. Die aus Oberschwaben angereisten entfernten Verwandten des Geehrten (nennen wir ihn einfach ganz unroyal W2W) wurden meist, etwa von Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper, artig-antquiert mit "Königliche Hoheit" angesprochen – mehr als befremdlich nach mehr als 100 Jahren Republik!
Die Ausstellung hat sich, ganz bescheiden, zum Ziel gesetzt, den König zu zeigen "wie er wirklich war". Diesen Anspruch zu erfüllen, ist natürlich unmöglich, und all die stolz präsentierten Exponate wie Schmuck oder Kutsche leisten in dieser Hinsicht wenig Erhellendes, sind kaum mehr als reines Dekomaterial zum Thema "so lebten einst unsere Royals". Annäherungen an den "wirklichen Wilhelm" gelingen aber durchaus, vor allem mit den dämlichsten (Vor-)Urteilen wird gründlich aufgeräumt. Und da gibt es gar keine guten Nachrichten für die immer noch zahlreichen W2W-Nostalgiker, denn der Schwabenroyal war mitnichten der bescheidene, leutselige, volkstümliche Herr Keenig, wie man ihn bis heute gern vermarktet.
Technik-Freund mit preußischer Kommandostimme
Bei Königs zuhause wurde standesgemäß, eben fürstlich gespeist: also Gänseleber statt Gaisburger Marsch. Und Urlaubsreisen führten W2W keineswegs ins heimische Bad Herrenalb, sondern ins mondäne Biarritz. Er war ein Freund moderner Technik, besonders des Automobils, aber auch alter, adliger Vergnügungen wie etwa der Jagd. Ganze 244 Hirsche sollen diesem königlichen Hobby allein beim Jagdschloss Bebenhausen zum Opfer gefallen sein, Fotos zeigen den Monarchen mit Jagdkumpanen und Jägerbeute.
Über sein Völkchen schrieb er seinem engsten Freund :"Die Menschen sind hier nicht schlechter, wenn auch nicht besser, als überall sonst". Eine heiße Liebeserklärung für seine Untertanen ist das nicht gerade.
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