
"Ach das könnte schön sein, ein Häuschen mit Garten ...", so sangen Wolfgang Neuss und Wolfgang Müller 1958 in der Komödie "Das Wirtshaus im Spessart". Die beiden Kabarettisten trällerten ihr Lied ironisch als treuherziges Räuberduo, das sich nach gemütlicher Spießigkeit sehnt oder auch umgekehrt. Damals formulierten sie für deutsche Kinogänger einen Wunsch im Wirtschaftswunderland, heute aber, wo Kurt Hoffmanns Film und seine beiden Nachfolger immer wieder im Fernsehprogramm auftauchen, klingt dies auch wie ein Song zur Corona-Lage. Die einen wünschen sich, die anderen haben schon. Ein Häuschen zum Beispiel, gerne auch ein Haus. Und zwar mit einem Garten, in den man sich zum Beispiel ein Flachbild-TV-Gerät mit mindestens 85 Zoll Bildschirmdiagonale hineinrollt und zum hundertsten Mal erlebt, wie Lilo Pulver durchs "Wirtshaus im Spessart" tollt.
Um den Genuss perfekt zu machen, könnte man sich als Open-Air-Fernsehsessel jenen Strandkorb leisten, der in einer dieser vielen bunten Zeitungsbeilage-Werbebroschüren angeboten wird. Mit integriertem Musikcenter und Bluetooth! Mit Heizungs- und Massagefunktion! Mit LED-Farblicht, eingebauter Freisprechfunktion, "Stoffbutler" zum Einhängen, Rückholmechanik, Neigetechnik und einem Preis von, na, Moment, da steht's: 11.655,00 Euro! Und da ist die Lieferung schon dabei! Der Haken? Eine Lieferzeit von elf Wochen. Bis dahin sind dann nicht nur die echten Strände wieder geöffnet, sondern auch die Kinos. So dass auch diese Kolumne sich wieder mit aktuell anlaufenden (und eben nicht nur angekündigten und gleich wieder verschobenen) Filmen beschäftigen könnte.
Auf in ein neues Leben! Mit Troell
So jedoch – und schon wieder! – eine kleine Rundschau mit subjektiver Auswahl aus dem DVD- , Bluray- und Streaming-Angebot. Und da schau an! Bei Netflix ist der Film "Hier hast du dein Leben" von Jan Troell im Programm, einem schwedischen Regisseur, der in seinem Heimatland als gleichrangig mit Ingmar Bergman gilt, bei uns aber leider nie so bekannt wurde, jedenfalls nicht nachhaltig. Am ehesten noch mit den auf DVD erhältlichen Filmen "Die Emigranten" (1971) und "Das neue Land" (1972), einer grandiosen Auswanderersaga, glänzend besetzt mit Liv Ullman, Max von Sydow und Eddie Axberg, in deren zweitem Teil so ganz anders von Amerika erzählt wird als in US-Western. Troell hat sich dann selber am US-Kino versucht, sehr respektabel etwa in "Zandys Braut" (1976), aber wohlgefühlt hat er sich dort nicht. Er ging zurück nach Schweden und hat dort unter anderem das wunderbare Alterswerk "Die ewigen Momente der Maria Larsson" (2008) gedreht, in dem eine Frau eine Fotokamera entdeckt und mit ihr ein neues Leben.
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