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Lenks Stuttgart-21-Denkmal

Ein Lenk für Zuhause

Lenks Stuttgart-21-Denkmal: Ein Lenk für Zuhause
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Seit zwei Monaten steht Peter Lenks S-21-Denkmal vor dem Stuttgarter Stadtpalais. Und weil sich täglich Neugierige davor versammeln, gibt es die "Chronik einer grotesken Entgleisung" auch in Pappe. Und mit Lupe. Der Bausatz geht weg wie warme Semmeln.

Für Torben Giese ist der Lenk vor der Tür ein Glücksfall. Sein Stadtpalais muss wegen Corona geschlossen bleiben, doch das Denkmal davor lockt zuverlässig Neugierige an. In Gruppen streifen sie um die Skulptur herum, erkennen den einen (Kretschmann) schnell, die andere (Merkel) zeitverzögert, den dritten (Teufel) nur ganz schwer. "Wo kriegt man die Broschüre?", fragt eine Frau im Livestream mit Giese, der daraus schließt, dass die Leute genau wissen wollen, "wer da wo zu sehen ist". Warum also nicht zu Hause weiterrätseln?

Und so entwarf das Stadtpalais-Team ein Denkmal to go, mit Lupe, zum genauen Gucken und mit der Broschüre des Künstlers zum Objekt. Nach nicht mal zwei Tagen war der Bausatz aus Papier vergriffen. Sie haben nochmal 500 Exemplare geordert und das Denkmal draußen beleuchtet.

Ausgabe 500, 28.10.2020

Feigenblätter in Reserve

Von Susanne Stiefel

Satire geht in Stuttgart gar nicht, davon ist der Bildhauer Peter Lenk überzeugt. Eigentlich. Doch nun hat er seinen Laokoon vor dem Stuttgarter Stadtpalais aufgebaut. Gut gelaunt und voller skurriler Anekdoten. Und, Obacht: mit dem Segen der Hauptfigur.

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Der Stuttgarter Lenk ist beliebt. Und er bleibt umstritten. "Großartig", findet Giese die Auseinandersetzung mit der Denkmalkultur vor seinem Haus. Die Kulturschickeria, die noch nie viel von Lenks gegenständlichen Possen gehalten hat, ist auch jetzt wieder aufmarschiert. Keine Kunst sei das, ins Museum würde es ein Lenk nie schaffen, aktuell überschätzt, wenig geistreich, so die Kritik an dem Provokateur vom Bodensee. Weg damit. So liest man es in den "Stuttgarter Zeitungsnachrichten" und in "Art".

Und was sagt der neue OB Frank Nopper dazu, der die Eröffnung des Bahnhofs zu einem großen Versöhnungsfest machen will? Wie gefällt ihm die Skulptur gewordene Karikatur auf Stuttgart 21? Soll sie bleiben? Leider gibt es darauf vorerst keine Antwort: "Ich bitte um Verständnis, dass ich mich zu den von Ihnen aufgeworfenen Fragen erst nach meinem Amtsantritt in Stuttgart äußern werde", schreibt der Backnanger Noch-OB auf die Kontext-Anfrage. Wir bleiben dran.

Vorerst steht die fast zehn Meter hohe Skulptur bis Ende März 2021. Vorübergehend, wie alle Lenkschen Schelmenstücke. Womöglich für immer? Darüber wird schon jetzt gerätselt.

Ob es um die sexy Konstanzer Imperia, das spöttische Walser-Denkmal in Überlingen oder aktuell um die "Chronik einer grotesken Entgleisung" in Stuttgart geht – Peter Lenk kennt die Diskussion um seine gegenständliche Kunst, die Missstände aufgreift und gnadenlos karikiert. Gerne berichtet er, was ihm immer wieder von Bekannten zugetragen wird. Dass nämlich bei den meisten Vernissagen am Bodensee zu später Stunde alle Kunstbeflissenen über Lenk herziehen. Er nimmt's, wie so vieles, mit Humor. Seine Figuren haben ein Eigenleben, wer weiß, was sie bis Ende März alles angestellt und angestoßen haben?

Klar ist für Lenk nur: An privat verkauft wird nicht, weil seine Kunst den öffentlichen Raum braucht und die öffentliche Auseinandersetzung. Ihm gefällt der Platz vor dem Stadtpalais. Doch weil er die Provokation liebt, hat er, ein kleiner Hieb an die Adresse der KulturexpertInnen, die seine Kunst nicht für museumswürdig halten, noch einen Alternativorschlag parat: den Hof der Staatsgalerie. "Das brächte Leben in die Bude", sagt er und grinst.

Inzwischen arbeitet der 73-Jährige schon an einem neuen Projekt, mit einer "Mischung von Grauen und Lachen". Denn beim "Schweinenseeballett" geht es um Empathie mit den Tieren in den Schlachthöfen. Das sterbende Schwein hat ebenso eine Hauptrolle wie verantwortliche Bundes- und LandesministerInnen. Und selbstverständlich wird nicht nur das Corps de Ballet der Ferkelchen auf die Spitze getrieben. StuttgarterInnen brauchen übrigens keine Angst zu haben. Die Ferkel werden in einer Stadt in den neuen Bundesländern tanzen.


Torben Giese und Peter Lenk im Gespräch, vom Stadtpalais im November aufgezeichnet, gibt es hier zu sehen. Und hier ist das Bastelset zur chronischen Entgleisung, pardon: "Chronik einer grotesken Entgleisung" zu haben.


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