In einem großen Haus an der US-Ostküste, also da, wo Kultur und Wohlstand wohnen, streicht der Schriftsteller Joe Castleman (Jonathan Pryce) nervös in seinem Schlafzimmer umher. Er hofft auf einen Anruf, er hält das Warten nicht mehr aus, er drängt, um sich abzulenken, seine nachsichtig lächelnde Frau Joan (Glenn Close) zu einem Quickie. Dann ist es soweit, das Telefon klingelt, die Nobelstiftung ist dran und erklärt mit gravitätischen Worten, es werde nun für ihn, den Preisgewinner Joe Castleman, wohl etwas anstrengend. Und nun hüpft Joe, ein älterer Herr mit Bart, wie ein ausgelassenes Kind auf dem Ehebett herum, auch Joan macht schließlich mit, und ein glücklicheres Paar kann man sich kaum vorstellen. "Ich habe den Nobelpreis gewonnen!", schreit Joe. Aber in diesem "Ich" steckt eine Sprengkraft, an welche diese Geschichte nun eine gefährlich vor sich hin glimmende Lunte legt.
Dieser Film spielt im Jahr 1992, also in jenen alten Zeiten, in denen tatsächlich noch ein Literaturnobelpreis vergeben wurde. Aktuell wurde die Auszeichnung für den "Weltmeister im Schreiben", wie Hemingway den Preis mal spöttisch bezeichnete, nach einem Skandal ausgesetzt. Die Stockholmer Akademie hat sich selber diskreditiert durch die Machenschaften ihres Mitglieds Katarina Frostenson und vor allem durch die ihres Ehegatten Jean-Claude Arnault, der wegen Vergewaltigung angeklagt und verurteilt wurde. In Björn Runges "Die Frau des Nobelpreisträgers" aber wirkt die Akademie noch wie eine Institution, die nicht nur von ihrer Wichtigkeit, sondern auch von ihrer Würde überzeugt ist. Diese Adaption eines Romans von Meg Wolitzer hat nämlich einen anderen Fokus: Sie geht der Frage nach, ob Joe Castleman ein würdiger Preisträger ist.
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