Der Scala-Filmpalast, vor 80 Jahren vom Bauhaus-Architekten Hermann Blomeier entworfen und später mit viel Plüsch aufgehübscht, wirkt auf dem größten Platz der Bodenseestadt wie ein Museum aus der Zeit, als der Kinobesuch noch ein Familienausflug und Heinz Rühmann der deutsche James Stewart war. Noch immer mit riesig-bunten Vitrinen im Foyer, mit ungewohnter Beinfreiheit in den Sitzreihen und einem Vorhang, der sich mit sattem Rauschen öffnet. Ende des Jahres soll das Geschichte sein.
Dann will Christian Harms, süddeutscher Statthalter der dm-Drogeriekette, an dieser Stelle die fünfte Filiale seines Hauses in der 80 000-Einwohner-Stadt Konstanz eröffnen – gleich gegenüber von einem dreimal so großen Markt des Konkurrenten Müller. Beide Drogerieketten lockt der Einkauftourismus aus der nahen Schweiz – begünstigt vom hohen Frankenkurs und der Mehrwertsteuer-Rückerstattung, die der deutsche Fiskus den Schweizer Schnäppchenjägern gewährt. Doch dagegen wehren sich jetzt wütende Bildungsbürger.
"Rettet das Scala" nennt sich die Bürgerinitiative, die in drei Monaten 6000 Unterschriften von Filmfreunden aus Deutschland und der Schweiz gegen den Umbau gesammelt hat. Vom ehemaligen Baubürgermeister der Stadt bis zum streitbaren Intendanten des Stadttheaters, vom pensionierten Sportreporter bis zum erfolgreichen Filmpegisseur reicht die Phalanx der Protestierer. Und es geht ihnen nicht allein um den Denkmalschutz, nicht nur um das Kulturangebot, vor allem geht es ihnen darum, die Verödung der Innenstädte aufzuhalten und ein Zeichen gegen überbordende Kommerzialisierung zu setzen: "Der Familienbetrieb bleibt auch, wenn die Schweizer Kundschaft wegbricht – der Filialist lässt seinen Laden leer stehen, wenn das Geschäft nicht mehr genug abwirft", warnt Intendant Christoph Nix.
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Horst Ruch
am 10.04.2016