Wortlos starren die Fahrgäste aus den Scheiben der Berliner S-Bahn. Unter ihnen, im gerade abgetrennten Ostteil der Stadt, hetzen Menschen durchs Sperrgebiet, versuchen über die Mauer zu klettern, zucken auf, als das Gewehrfeuer lospeitscht, fallen leblos herunter. Es sind die frühen Sechzigerjahre, es ist die Zeit, in der John le Carré seinen Roman "Der Spion, der aus der Kälte kam" schrieb, die Geschichte des britischen Agenten Alec Leamas, der von den eigenen Leuten für einen kleinen Gewinn im großen Spiel der Systeme geopfert wird.
In Steven Spielbergs neuem und auf Tatsachen basierenden Film "Bridge of Spies" agiert der Held Jim Donovan ebenfalls zwischen den Fronten, doch wird er nicht, wie Leamas bei le Carré, an der Grenze erschossen, er ist zunächst nur ohnmächtiger Zeuge einer tödlichen Mauerszene.
Aber wir haben vorgegriffen. "Bridge of Spies" beginnt nämlich fünf Jahre früher mit der Verhaftung des Sowjetspions Rudolf Abel (exzellent: Mark Rylance) in New York. Der Prozess gegen diesen grau und spröde wirkenden KGB-Oberst scheint eine Formsache zu sein: Der Mann ist schuldig, die Todesstrafe steht eigentlich schon fest. Und die Verteidigung? Es geht schließlich um den Systemvergleich, es muss also zumindest aussehen wie ein demokratisches Verfahren. Und so wird der Versicherungsangestellte Jim Donovan rekrutiert, um den Anwalt von Abel zu geben, diesen Part jedoch eher zu spielen als dessen Funktion auszufüllen.
Ein Herr Jedermann als willfähriger Gehilfe im Kalten Krieg. Doch als Jedermann respektive Donovan tritt auf: Tom Hanks! Der Schauspieler also, der wie kein anderer seiner Generation den guten Amerikaner verkörpert. Nein, der inzwischen auf die sechzig zugehende Hanks ist in seinen Rollen nicht für die Gefahr und das Abenteuer geschaffen, er ist der Zivilist, der eine Aufgabe annimmt und dabei, wie etwa in Spielbergs "Der Soldat James Ryan" (1998), über sich hinauswächst.
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