Der Reiseschriftsteller Bill Bryson hat wieder ein Buch geschrieben, er sitzt jetzt in einer Talkshow und wirkt dabei so, als wäre er in eine neue Zeit gefallen. Es geht diesem Mann, der ein dunkelbraunes Sakko mit Lederpatches an den Ellbogen trägt, alles zu schnell, er passt einfach nicht in dieses atemlose TV-Format. Wenn der Gastgeber, ein schneidiger Nicht-ausreden-Lasser, bloß ein klares und abhakendes "Ja" oder "Nein" erwartet, zögert Bryson, denkt nach, setzt zu einer Antwort an – und wird sofort unterbrochen und niedergebügelt von der nächsten Frage. Aber daheim, in seinem großen, hellen und gut eingerichteten Landhaus, macht er es sich gemütlich, und dort wartet auf ihn auch eine nachsichtige Frau (Emma Thompson), die ihn liebt.
In Gesellschaft aber muss Bryson weiter mit einer gewissen Unbeholfenheit kämpfen. Bei der Beerdigung eines Freundes sagt die Witwe: "Schön, dass ihr gekommen seid!", und als Antwort rutscht ihm heraus: "War uns ein Vergnügen!" Als er versucht, sich aus diesem Fauxpas verbal herauszuschlängeln, wird es fast noch peinlicher. Er geht also erst mal an die frische Luft, geht ein paar Schritte in den dunklen Wald hinein, und man sieht ein Schild, das einen 2118 Meilen langen amerikanischen Wanderweg markiert: "Appalachian Trail." Das schaffe er nicht, sagt seine Frau, als er im Garten probeweise das alte Zelt aufstellt, das auch prompt wieder in sich zusammensackt. Und warum müsse er das überhaupt ausprobieren? Er wolle zurück zu seinen Wurzeln, sagt Bryson etwas unbestimmt, aber man spürt sofort: Er will auch dem Tod davonwandern.
Als der echte Bill Bryson 1997 das Buch "A Walk in the Woods" schrieb, war er erst Ende vierzig. Robert Redford dagegen, der den Autor nun in Ken Kwapis' Kinoadaption "Picknick mit Bären" verkörpert, geht auf die achtzig zu. Auch wenn der Star immer noch bemerkenswert fit wirkt: Der thematische Schwerpunkt verlagert sich jetzt auf das Alter, auf jene Lebenszeit also, in der Erinnerungen hochkommen und Bilanzen gezogen werden. So erfolgreich der zwischen seinem Geburtsland USA und seiner Wahlheimat England hin- und herpendelnde Bill Bryson auch ist – nicht nur als humoristischer Reiseschriftsteller, sondern auch als populärer Wissenschaftsautor ("Eine Geschichte von fast allem") und Universitätskanzler: Seine Geschichte wird hier nicht erzählt als Bryson-, sondern als Redford-Film.
Robert Redford, der Mann mit der Aura des Allein- und Andersseins, der große Schweiger, Beobachter und Nachdenker. Nicht arrogant, aber zurückhaltend, fast ein bisschen scheu. So hat er Kinogeschichte geschrieben, in großen Rollen als Westerner "Jeremiah Johnson" (1972) bis hin zu jenem namenlosen Segler, der in dem Drama "All is lost" (2013) einsam und stoisch gegen den Untergang kämpft. Mit einem Partner an seiner Seite kommt manchmal Komik ins Spiel, etwa in dem Spätwestern "Butch Cassidy and the Sundance Kid" oder in dem Thriller "Der Clou", wo Paul Newman den quirligen Gegenpart übernahm. In frühen Verfilmungsplänen von "Picknick mit Bären" war der 2008 gestorbene Newman auch wieder vorgesehen, nun übernimmt Nick Nolte die Rolle des Jugendfreunds Katz, mit dem sich Bryson eigentlich überworfen hat, den er dann aber doch mitnimmt auf seinen großen Trip.
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FernDerHeimat
am 16.10.2015