Es schwirren viele Theorien durch die Republik darüber, wer seine Finger wie tief im Nationalsozialistischen Untergrund hatte. Dass Verfassungsschützer anhaltend mit Rechtsradikalen kooperierten, ist genauso belegt wie politische Einflussnahme, etwa durch den damaligen hessischen Innenminister Volker Bouffier, der polizeiliche Vernehmungen von V-Leuten rund um den Mord an dem Kasseler Internetcafé-Betreiber Halit Yozgat im April 2006 verhinderte. Die zuständigen baden-württembergischen Behörden wiederum stehen zumindest für schlampige Arbeit, vor allem im Falle des rechten Aussteigers Florian Heilig. Und für eine unerklärliche Abgebrühtheit angesichts des Versuchs europäischer Gesinnungsfreunde des amerikanischen Ku-Klux-Klan (KKK), im Land Fuß zu fassen und Polizisten anzuwerben, was in mindestens zwei Fällen bekanntlich gelang.
Auch im Rückblick mag sich Max Munding darüber aber nicht aufregen. Schon gar nicht sich entschuldigen für seine Versäumnisse als Amtschef im CDU-geführten Innenministerium zwischen 2003 und 2006. Er, ein Spitzenbeamter par excellence, der Philosophie, Rechts- und Politikwissenschaften in Tübingen studiert hat, ist vor 35 Jahren in die Innenverwaltung des Landes eingetreten. Mitte der Neunziger ging er als Aufbauhelfer Ost an die Sächsische Staatskanzlei, später wurde er Leiter der Grundsatzabteilung in Erwin Teufels Staatsministerium Baden-Württemberg, Amtschef im Innen- und danach im Landwirtschaftsministerium, seit 2009 ist er Präsident des Landesrechnungshofs, bestellt über die Pensionsgrenze hinaus. Weil die Opposition jede Menge öffentlichen Ärger inszeniert hätte, willigten Grüne und Rote in eine Vertragsverlängerung ein.
Max Munding hält den Vorgang für unerheblich
Am Montag sitzt Munding im NSU-Ausschuss auf dem Zeugenstuhl, ein zögerlicher Mann mit dem Habitus des kleinen Angestellten, der ja nichts falsch machen will, oft nach den richtigen Worten sucht und seinen Ärger darüber zügelt, dass er hier gut zwei Stunden lang Rede und Antwort stehen muss zu einem Vorgang, den er für unerheblich hält – bis zum heutigen Tag. Seit 2002 wusste das Innenministerium davon, dass mindestens zwei Polizisten im KKK waren, 2005 wird der gebürtige Schwäbisch Gmünder durch einen Vermerk damit und mit dem schleppenden Fortgang des Disziplinarverfahrens konfrontiert. "Es geht nicht darum, etwas zu relativieren", sagt er zu Beginn seiner Aussage und tut von da an nichts anderes. Es habe sich doch um außerdienstliches Verhalten gehandelt, die Mitgliedschaft sei nur von kurzer Dauer gewesen, deshalb habe sich die Sache für ihn "als Einzelfall in einer nachgeordneten Dienststelle" dargestellt. Bei einem Personalkörper von 25 000 Personen sei "das kein Thema, das der Minister behandeln muss".
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Schwabe
am 01.12.2015http://www.nachdenkseiten.de/?p=28942