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Das Wettern der Woche

Bodentruppen jetzt

Das Wettern der Woche: Bodentruppen jetzt
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Bodentruppen – das klingt nach Ukraine, nach Krieg, nach Stiefeln im Dreck, nach Generälen im Feldzelt und Ostfront. Doch die eigentlichen Bodentruppen unserer Republik, deine und meine, sind längst im Einsatz: in Krankenhäusern, Supermärkten, Paketzentren und auf Baustellen. Sie marschieren nicht mit dem Gewehr, sondern mit Putzeimern, Rollatoren oder Kassenscannern.

Die gute Nachricht zuerst: Man kann sich freiwillig melden. Wer möchte, darf sofort einrücken – als Pfleger:in, Reinigungskraft oder Paketzusteller:in. Keine Wehrpflicht, sondern reine Hingabe. Die Uniform gibt's gratis: ein Kittel, ein gelber Parka oder die Schürze im Bioladen. Der Sold? Nun ja ja, nu nee nee und ganz unter uns: oft in Richtung symbolisch, aber bei zwei oder drei Jobs reicht die Knete vielleicht. Wenn nur die Miete nicht wär', meint meine Omi Glimbzsch: "Aber in Zittau geht's ja noch."

Während Politiker:innen vom "Fachkräftemangel" reden, stehen die Bodentruppen längst an vorderster Front. Nicht in fremden Ländern, sondern an der Heimatfront der Zumutungen. Sie kämpfen mit Überstunden, Unterbesetzung und knappen Kassen. Und sie verlieren diesen Kampf oft auf leisen Sohlen – weil kaum jemand für sie demonstriert, wenn sie umfallen.

Tragisch: Ohne diese Proleten-Truppe läuft gar nichts. Fällt die Müllabfuhr aus, stapelt sich der Dreck. Streiken die Pflegekräfte, bricht die Versorgung zusammen. Verzögert sich der Bahnverkehr, steht die Republik Kopf. Keine Panzer, keine Drohnen – schon ein:e streikende:r Busfahrer:in kann das Land lahmlegen. Verdi weiß warum.

Trotz alledem und alledem: Anerkennung gibt es höchstens in Krisenzeiten – viele warme Worte. Danach heißt es wieder zurück in die Schützengräben der Nachtschichten. Man könnte fast glauben, die Bodentruppen seien die eigentliche Reservearmee: jederzeit abrufbar, aber nie wirklich gewürdigt.

Vielleicht sollte man den Begriff neu besetzen. Bodentruppen – das sind nicht Soldat:innen im Auslandseinsatz morgen, sondern Millionen Menschen, die Tag für Tag den Boden unter unseren Füßen tragfähig machen. Wer von Sicherheit redet, sollte nicht nur an Nato-Manöver denken, sondern an die nächste Schicht im Pflegeheim.

Egal jetzt. Von meinen Bodentruppen wünsch' ich mir, dass sie die Ortskräfte heimholen, Leute, die die deutsche Regierung verraten und verkauft hat. Oder dass sie dafür sorgen, dass die geklauten Milliarden, die Steuer-"Groschen", zurückkehren ins Mutterland der Taschendiebe. Die Knete erholt sich in der Schweiz, in Liechtenstein, Luxemburg, Monaco, auf Jersey, Guernsey, Gibraltar, in den Karibik-Staaten. Von CumEx und CumCum reden wir ein andermal.

Zurück zur Pflicht: wenn schon, dann eine soziale. Warum nicht mal Wehrdienst gegen Viren an Kita, Krankenhaus oder Pflegebett? Das wäre ehrliche und notwendige Landesverteidigung gegen die rechten Populisten – und gut für die Demokratie. Die Bodentruppen sind die Radfahrer für die Republik. Schulterklopfen und Trinkgelder reichen nicht mehr. Wetten?

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator beim Bürgerprojekt Die AnStifter. Alle Wettern-Videos gibt's hier zum Nachgucken.

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