Es gibt momentan zwei große Gruppen, die an Paranoia leiden: die Deutsche Bahn und die deutschen Dresdner. Die Bahn sagt, die Eidechsen sind schuld, die Dresdner sagen, der Ami. Beides ist falsch.
Es ist allein die Paranoia, eine schlimme, aber heilbare Krankheit des Geistes. Kein Mensch würde etwa behaupten, Donald Trump sei paranoid. Er ist lediglich gedankenlos, dumm und reich, er kann es sich leisten, Prolet zu sein: "Ich könnte in der Mitte der 5th Avenue stehen und jemanden erschießen – und ich würde keinen einzigen Wähler verlieren", sagte der künftige Präsident der USA am 11. Januar 2016 im Sioux Center. Das ist einer der wenigen Nachteile einer Demokratie: Es kann der Paranoide den Dummen wählen – und umgekehrt. Unser Spaßvogel hat im Falle seiner Wahl die Finger am Abzug, sprich: am Roten Knopf. Und da hört der Spaß natürlich auf, auch wenn ihn keiner stoppen könnte.
Von Paranoia betroffene Zeitgenossen leiden an einer verzerrten Wahrnehmung ihrer Umgebung – ich sage nur: VW-Skandal, Kondensstreifen oder NSU. Tatsache ist, dass das BKA 2000 Waffenfunde bei Rechtsextremisten registriert hat. Die nicht registrierten Waffen sind nicht mitgerechnet, die haben unter Umständen die etlichen hundert untergetauchten Nazis. Paranoid wäre nun die Annahme, die Rechtsextremisten würden die Waffen morgen schon einsetzen, denn es könnte ja auch später werden.
Harmlos gegenüber solchen Mutmaßungen ist dagegen die Paranoia der Deutschen Bahn, die für Chaos, verdreifachte Baukosten oder defekte Scheißhäusle wahlweise die Projektgegner, den Juchtenkäfer oder den Bundesrechnungshof verantwortlich macht. Sie tut es dem deutschen Dresdner nach: Ehedem bedroht von polnischen Touristen, die ihm auf dem Altmarkt den letzten Christstollen vor der Nase wegschnappten, und heute durch Tausende Terroristen, die im Flüchtlingstreck einwanderten und den sächsischen Atheisten die Weihnachtskerzen auspusten wollen. Ganz zu schweigen davon, dass unser Staat ihnen das Geld in den Hintern bläst, während unsereins … ach Mensch, das wissen Sie ja aus eigener Erfahrung.
Das untere Drittel der Gesellschaft muss für die Miete die Hälfte des Einkommens hinlegen – bei schrumpfenden Löhnen –, während der Asylant kostenlos wohnt. Dieser Aussage würden 62 Prozent der Deutschen zustimmen. Ein Irrwitz, meint Omi Glimbzsch aus Zittau dazu. Sie wohnt im Eigenheim und will jetzt untervermieten – wegen des Rentenrisikos. "Wenn's sein muss, ein Neger!"
Peter Grohmann ist Kabarettist und Initiator des Bürgerprojekts Die AnStifter.
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