Kann so jemand auf einmal nicht mehr da sein? Gudrun Schretzmeier gehörte zu den Menschen, die eine Vitalität für zwei ausstrahlen, ihr herzliches Lachen konnte blitzschnell Räume erhellen. Am 29. Mai 1941 geboren, gründete sie mit ihrem Mann Werner Schretzmeier und Peter Grohmann zusammen 1985 das Theaterhaus, das seitdem aus der Stuttgarter Kulturszene nicht mehr wegzudenken ist. Einen Namen als Kostüm- und Bühnenbildnerin für Theater-, Film-, Oper-, Tanz- und TV-Produktionen hatte sie sich schon lange davor gemacht. Sie schneiderte die Kostüme für die so böse wie witzige Faschings-Farce "Kehraus" mit Gerhard Polt und Gisela Schneeberger ebenso wie für Produktionen der Staatsoper Stuttgart oder natürlich des Theaterhauses, wurde für ihre Arbeit vielfach preisgekrönt – unter anderem 2000 mit dem Deutschen Fernsehpreis für "Vom Küssen und Fliegen". In der Nacht zum Sonntag ist Gudrun Schretzmeier im Alter von 84 Jahren gestorben. Ihr Weggefährte und Kontext-Kolumnist Peter Grohmann erinnert an sie.
Gudrun.
Hieß das Gasthaus Traube, Gudrun? Aber wir träumten ja auch bei Paolo. Oder im Schützenhaus. Wir ratschlagten in der Kantine beim Südwestrundfunk. Wir redeten uns die Köpfe heiß im Ochsen im Wangen und im Keller am Viehwasen, in den Küchen der Schretzmeiers, wir saßen auf dem Arme-Sünder-Bänkle der Stuttgarter Oberbürgermeister, spielten im Roten Hahn in Heslach, zelebrierten in der Linie 9 die Übergabe einer neuen, anderen Kunst an die Menschen. Gudruns Kunst.
Wir saßen als Publikum im Lindenhof Melchingen und im Hayinger Naturtheater, kannten unsere kleingehaltenen, ganz großen Freundinnen der alternativen und internationalen Kultur: Oh, Opposition! Wir waren Manufaktur und Killesberg-Festival und Schorndorfer Teil der Menschenketten und Berufsverbote, des Prager Frühlings, von Wackersdorf und Wyhl und "Radio Dreyeckland" und "taz". Und heute?
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