Über solche Wertschätzungen hätte sich der Rechtsexperte ohne Hochschulabschluss gefreut mit seinem typischen kleinen Lächeln, das dafür stand, dass Sckerl nicht nur laut konnte, sondern auch sanft. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke nennt "den kämpferischen Grünen" einen Abgeordneten, "der bei allen inhaltlichen Unterschieden mit uns immer den gemeinsamen Weg eines selbstbewussten Parlaments gegangen ist, in dem eine lebendige Streitkultur gepflegt wird". Andreas Stoch (SPD) erinnert an "den überzeugten Verfechter der parlamentarischen Demokratie, streitbar in der Sache, aber immer fair". Innenminister Thomas Strobl (CDU) rühmt die "unheimlich gute Zusammenarbeit" und den "standhaften und verlässlichen Frontkämpfer für unsere Demokratie".
Gerade die CDU jedoch musste für sich selbst erst einmal ein neues Bild entwerfen von dem Weinheimer. Denn er war mehr als nur Widerpart in den beiden Untersuchungsausschüssen des Landtags zum "Schwarzen Donnerstag". Er war für Union und auch für die FDP ein gefährlicher und hartnäckiger Gegner, der sich gegen Unterstellungen und Verdrehungen zu wehren hatte und zu wehren wusste. Immer versuchten die schwarzen Abgeordneten, Blockaden als grundsätzlich rechtswidrig hinzustellen und die, die daran teilnahmen, als DemokratInnen bestenfalls zweiter Klasse. Im ersten Abschlussbericht – vor dem Machtwechsel von 2011 – landeten Sckerls Darlegungen zu der "schlüssigen Beweiskette" noch im Minderheitenvotum, weil die damaligen Regierungsfraktionen vor allem eins nicht wahrhaben wollten: "Dass Stefan Mappus durch sein Handeln bei der Vorbesprechung im Staatsministerium die Entscheidung an sich gezogen hat und für den Einsatz grünes Licht gab."
Im zweiten Ausschuss versuchte der Stuttgarter CDU-Abgeordnete Reinhard Löffler sogar eine Befangenheit des Grünen-Obmanns zu konstruieren: Als Mitherausgeber eines Buchs über den "Schwarzen Donnerstag" liege "in der Person des Grünen eine wirtschaftliche, wenigstens aber ideelle und darüber hinaus persönliche Beteiligung vor, die einen Interessenkonflikt darstellt". Löffler stellte sogar einen Antrag, Sckerl abzulösen. Inzwischen hatten aber Grüne und SPD die Mehrheit im Landtag erobert und schmetterten das Ansinnen ab. Es sei mehrfach versucht worden, wird sich der Betroffene später erinnern, "mir etwas anzuhängen". Gelungen sei es nicht, aber er habe oft schlecht geschlafen, "weil die CDU immer nur versucht hat, Nebenkriegsschauplätze zu eröffnen".
Man darf ihn einen pflichtbewussten Politiker nennen
Auch Nachlässigkeiten konnte er nicht ertragen. Viele Grünen-Abgeordnete können ein Lied davon singen, wie sich ein Tadel aus seinem Munde anhörte, weil für seinen Geschmack zu viele Plätze im Plenarsaal leer blieben, weil er Unpünktlichkeit oder mangelhafte Vorbereitung als chronische Laster wahrnahm. Seltsam nachsichtig hingegen gestaltete sich nach der Bildung der grün-schwarzen Regierung 2016 sein Umgang mit dem neuen Koalitionspartner, zum Beispiel bei den umstrittenen Novellen des Polizeigesetzes. Aber er, der den in Großbritannien üblichen Titel des "Einpeitschers" für den Fraktionsmanager für sich hätte beanspruchen können, sah sich eben dem von Winfried Kretschmann ausgegebenen Kurs verpflichtet. Und der verlangt bis heute, interne Koalitionskonflikte nach Möglichkeit zu vermeiden – selbst dann, wenn die eigene Partei einen vergleichsweise hohen Preis dafür zu zahlen hat.
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Heike Geerke
am 20.02.2022