Hawaii liegt in Heilbronn. Warum ausgerechnet die verratzte Wohnsiedlung mitten im Industriegebiet zwischen Bahngleisen und Weipertstraße so blumig heißt, weiß keiner so genau. Nicht der Stadtarchivar, nicht die Zeitung vor Ort, nicht Cihan Acar, der das Problemviertel zum Roman gemacht hat. Auch Christine Arndt, kurz "Kiki" gerufen, nicht. Sie ist 55 Jahre alt, lebt seit Jahrzehnten hier und regt sich tierisch auf, wenn sie an einen Artikel im "Stern" denkt, der den schlechten Ruf von Hawaii in die Welt geblasen hat. Drogendealer, Prostituierte, die bezahlt worden seien, um für reißerische Fotos zu posieren. Das ist schon Jahre her, aber immer noch gut für Adrenalinschübe. "Kiki ist der Boss hier", sagt Marianne Maier, 84, adrette Frisur und grinst.
Die beiden Frauen sitzen auf dem sommerschlappen Grün vor dem Haus, die eine wohnt hier, die andere einen Block weiter. Im Hintergrund bröckelt die Fassade, gegenüber verkündet "Speed Repair", dass hier günstig an Autos geschraubt wird, und unterm Plastikstuhl versteckt sich Sammy, der kleine Hund aus Ungarn, der sich vor Männern mit schwarzem Outfit fürchtet. "Schlechte Erfahrungen", sagt "Kiki". Christine Arndt ist keine Traumtänzerin. Sie weiß, dass ihr Viertel nicht zu den Vorzeigeplätzen der Stadt gehört. Etwa 1.000 Menschen leben hier, 90 Prozent haben eine Zuwanderungsgeschichte. Das Hawaii ist das Heilbronner Ghetto. "Die Bullen trauten sich nicht hier rein", erzählt sie, "hier gab es Schießereien zwischen den Drogengangs und zwischendrin spielten die Kinder."
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Holger Westermann
am 19.08.2021