Zunächst protestierte Sakkaros mit seinen Diesel-Freunden am Stuttgarter Neckartor, Deutschlands dreckigster Kreuzung, mit Feinstaub und Stickoxyd-Werten zum Heulen. Nachdem aber ein ehemaliger AfD-Stadtrat und Landtagsabgeordneter versucht hatte, die Demo für sich zu nutzen, trafen sich Sakkaros' Autofahrer, Merkel- und Grünen-Hasser am Wilhelmsplatz.
Rund 20 Demos hat Sakkaros organisiert, anfangs jeden Samstag. Zu besten Zeiten waren etwa 2000 Leute dort, eine nahezu lächerliche Zahl, verglichen mit den Protesten gegen Stuttgart 21, denen lange nicht so viel mediale Aufmerksamkeit gewidmet wurde und wird. Der ein oder andere Journalist hatte den Autoliebhabern bereits in heller Aufregung das Potenzial zum Umsturz zugeschrieben.
Im April fand das Diesel-Theater in der Landeshauptstadt einen zeitweiligen Höhepunkt in der Zerstörung der bekanntesten Feinstaub- und Stickoxyd-Messstation Deutschlands, die irgendwann locker so viele Medien-Auftritte zu verzeichnen hatte, wie Sakkaros selbst. Irgendwer hatte das Teil angezündet, was zur Folge hatte, dass viele Messstationen heute nur noch hinter stabilen Zäunen messen.
Alles in allem: eine Mords-Aufregung um eine Bewegung, die, bis auf wenige unermüdliche Facebook-Gruppen, im Nichts verpufft ist. Mittlerweile sind die ersten Fahrverbote in Kraft getreten und das Abendland steht noch.
Auch die Aufregung um Ioannis Sakkaros, den 27-jährigen Gelbwesten-Anführer, hat sich gelegt. Dass es seine Demos nicht mehr gibt, findet er "schade", aber "das Deutsche Gemüt ist eben ruhiger als das französische". Seit einem halben Jahr sitzt er im Stuttgarter Gemeinderat, gewählt über die von ihm angeführte Liste "Kein Fahrverbot in Stuttgart" und inzwischen als CDU-Mitglied. Die Arbeit im Gremium sei eine Herausforderung für einen Menschen, der zwar politisch denkt, aber noch nie politisch gearbeitet hat, sagt er. Vor allem, dass es in der Politik, zumal in einer Demokratie, selten schnell geht, musste er erst lernen. Manchmal, erzählt er, dauere es wohl Jahre, bis ein Vorhaben umgesetzt würde. "Am Anfang habe ich mich gefragt: Wo bin ich denn hier gelandet? Ich bin Handwerker, wenn ein Auto kaputt ist, reparier ich es halt."
Im Gemeinderat gilt er als ruhiger Typ, ein Neuer, der erste Erfahrungen sammelt. Er selbst sieht das ähnlich. Und sonst? Die AfD sei völlig überflüssig, Stuttgart 21 zu teuer, der ÖPNV überlastet. Klingt eigentlich vernünftig. Wenn da nicht der Faible fürs Autofahren wäre. "Ich setze auf technischen Fortschritt", sagt der Porsche-Mitarbeiter. Dann packt ihn die Begeisterung: "Wasserstoffautos! Solarmodule! Irgendwas davon wird kommen."
Kürzlich war Sakkaros wieder in der Zeitung. Weil er mit seinem Diesel trotz Fahrverbot in die Stadt gefahren ist, das Knöllchen nicht bezahlte und dass brühwarm der Bild erzählt hat ("Ich pfeife auf das Diesel-Fahrverbot"). Seine CDU-Kollegen haben ihm daraufhin den Kopf gewaschen. Bezahlt hat er jetzt auch. 108,50 Euro.
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