Siebeneinhalb Jahre dauert es, dann ist oft Schluss. Dann haben viele genug – von Nachtschichten, Zeitdruck, schlechter Bezahlung und einem miesen Image. Siebeneinhalb Jahre, das ist die durchschnittliche Verweildauer im Pflegeberuf.
Marvin Thumm hat also noch ein paar vor sich. Er ist im dritten Ausbildungsjahr am Marienhospital in Stuttgart-Süd und will Krankenpfleger werden. Was er nicht möchte: Zu zweit im Nachtdienst 26 Patienten versorgen, von Tür zu Tür hetzen, Menschen als Ware behandeln. Deshalb steht er an diesem Sonntag (12. Mai) auf dem Stuttgarter Schillerplatz beim "Walk of Care" und zieht sich einen weißen Kittel an.
Thumm ist ein tiefenentspannter Typ, er spricht mit einer Ruhe, als würde sein Bus erst in einer Stunde fahren. Mit Kritik an den herrschenden Verhältnissen hält er sich aber nicht zurück. "Es ist fünf vor zwölf", sagt der 24-Jährige. Menschen bekämen derzeit nicht die Pflege, die sie verdienten.
Es werden Transparente und Banner verteilt, die man am Tag zuvor beim Orga-Treffen bunt bemalt hat. Das Bündnis, das unabhängig von Parteien oder Verbänden zum Protest aufgerufen hat, konnte immerhin 400 Leute her locken. Eine Schar von weißen Mänteln tanzt freudestrahlend. An diesem Sonntag, dem Internationalen Tag der Pflege, sind aus ganz Baden-Württemberg Pflegerinnen und Pfleger gekommen – weil sie ihren Job lieben. Aus Ulm, Göppingen, Köngen im Landkreis Esslingen, auch Kolleginnen und Kollegen von Marvin Thumm aus dem Marienhospital.
Keine Zeit für einen Plausch
Viele von ihnen sind jung, noch in der Ausbildung oder noch nicht lange im Beruf. Während seinem Bundesfreiwilligendienst (BFD) hat der angehende Krankenpfleger die hohe Belastung erlebt, wenn auch nicht am eigenen Leib: In 18 Monaten BFD habe er elf Personalwechsel mitbekommen, erzählt er. Alles ausgebildete Kräfte, die mal die Absicht hatten, Menschen zu helfen – ohne selbst daran zugrunde zu gehen. 27 Prozent der Pflegenden haben das Gefühl, regelmäßig an die Grenze ihrer Belastbarkeit zu stoßen.
3 Kommentare verfügbar
Beck
am 24.05.2019Ich kann mich dem Dank an…