"Nicht, dass ich darüber glücklich wäre", sagt eine junge Frau, "aber sind heute noch mehr Männer im Bad als die Aufsicht?" und deutet auf die Warnung an der Tür: "Männer im Bad!" Die Antwort lautet: Ja. Ab 16 Uhr. Männer, die Kabel schleppen. Es gibt an diesem Abend ein Konzert im Lorettobad. Aber noch ist es Mittag. High Noon im Damenbad.
Die Sonne lässt die Wellen lustig tanzen. Drinnen bringen junge und alte, dicke und dünne Frauen das Wasser in Wallung, schwimmen kreuz und quer oder stehen entspannt im Becken, mit oder ohne Badehaube, oben ohne oder im Einteiler, kein Burkini weit und breit. Und kein Mann. Draußen steht die Bademeisterin und sagt mit einem wachen Auge auf das Plantschen im Bad: "Ich hab' ja schon eine Petition für die Rettung der Wale unterschrieben, aber das jetzt – nein!" Damit meint sie die Petition gegen männliche Bademeister, die bis Mitte August 2000 Stimmen sammeln will zur Rettung eines ganz und gar männerfreien Bades. Die Bademeisterin schüttelt verständnislos die kurzen grauen Locken, lacht, vertreibt eine junge Frau ("Mit der Flasche bitte weg vom Beckenrand"), zuckt gut gelaunt mit der Schulter. Die Petition ist der vorerst letzte Schritt eines Kulturkampfs im Wasser, der nun schon zwei Jahre währt.
Ältere Damen wissen, was Ordnung ist
Klaus Winkler weiß, wie es begonnen hat. Schließlich ist der 73-Jährige Chef der Freunde des Lorettobades e.V. Dazu gehört ein Familien- und das umkämpfte Frauenbad. "Ich höre so einiges", sagt er. Alles Hörensagen, er dürfe ja nicht rein ins Frauenbad. Seit zwei Jahren ist er die Klagemauer der "älteren Damen". Die haben im Lollo, wie die Stammgäste das Bad nennen, eine dieser hübschen Holzkabinen gemietet, in der sie Sonnenmilch, Tücher und sonstigen Krimskrams lagern, den frau an einem heißen Sommertag im Bad so braucht. Sie gehören selbst zum Inventar, manche auch zum Verein der Freunde. Sie sind die heimlichen Herrscherinnen, neben, wenn nicht über der Badeaufsicht, und so fühlen sie sich auch. Sie kennen die Ordnung, ach was, sie sind die Ordnung.
Und dann kamen da diese Musliminnen aus dem Elsass. Verschleiert, während die heimlichen Herrscherinnen gerne oben ohne badeten. Mit vielen Kindern, während die älteren Damen ihre Ruhe haben wollten. Es wurde laut, es wurde ungemütlich, es wurde voll im Lollo. Und als es noch heiß wurde, knallte es. 2016 war die Polizei im Bad, um streitende Frauen zu trennen. Das böse Wort Nazi-Schlampe soll gefallen sein. Seit diesem Sommer gibt es eine neue Badeordnung, die für Ruhe sorgen soll: Jungs ab drei Jahren raus, männliche Bademeister rein. Doch statt Ruhe gibt es nun diese Petition, die nicht die Wale retten will, sondern einen männerfreien Raum. "Ich habe den Verdacht, dass diese Petition eine Spielwiese für eine Soziologiestudentin ist", sagt Klaus Winkler, von Beruf Anwalt. "Ich kann hier entspannen, niemand pfeift mir hinterher", sagt die Initiatorin, die Kulturwissenschaften studiert. "Was für ein sexistisches Machodenken", sagt eine Freiburger Feministin, die unterschrieben hat, "jetzt sollen's also starke Männer richten?" Im Lorettobad ist die Welt nicht mehr in Ordnung. Die Idylle aus Geranien, Holzkabinen und hübschen Bänkchen am Beckenrand stark eingetrübt.
Grün, tolerant und ein bisschen spießig
Das Lollo ist das einzige Frauenbad Deutschlands und ein eigener Kosmos. Hier tummeln sich Feministinnen, die überzeugt sind, dass es keine starken Männer braucht, um Konflikte zu lösen. Hier baden Damen, die auf der kleinen Wiese ungestört Krimi lesen möchten, den neuesten Tratsch austauschen und sich wünschen, dass alles so bleibt, wie es ist. Hier lassen Musliminnen den Schleier fallen, baden oder plantschen mit ihren Kindern. Hier trifft die weibliche Hälfte Freiburgs aufeinander. Und die ist feministisch, ökologisch sowieso, und tolerant natürlich auch. Aber eben auch ein bisschen spießig. Und seit das Frauenbad in Basel strenge Regeln eingeführt hat, wollen im Lollo auch Musliminnen aus der Schweiz und aus dem Elsass die Sonne genießen.
4 Kommentare verfügbar
Andromeda Müller
am 21.08.2017Und wer da jetzt gerade im Bad arbeitet , daß entscheidet der Arbeitgeber nach Ermessen und verfügbarem Personal , nicht die Gäste . Möglichst einfach Fifty-Fifty . …