Kurz vor der Bundestagswahl 2013 traut sich ein Christian Graupner in der ARD-Sondersendung "Wahlarena", der Kanzlerin das Problem zu schildern: "Ich bin seit 2003 Leiharbeiter in einem Unternehmen. Ich habe prinzipiell nichts gegen Leiharbeit in Produktionsspitzen, aber die Produktionsspitze dauert nun mittlerweile schon zehn Jahre an. Und da ist es so, dass wir von 30 bis 40 Stammbeschäftigten reden und 500 Leiharbeitern." Angela Merkel ist sichtlich überrascht. "Ein krasser Fall", sagt sie und verspricht Graupner: "Ich melde mich noch einmal bei Ihnen."
Und so funktioniert das System: Normalerweise haben Beschäftigte einen Arbeitsvertrag mit ihrer Firma. Es gelten die Tarifverträge der Branche. Um das zu umgehen, wird ein Verleiher dazwischengeschaltet, der deutlich schlechtere Löhne zahlt. Und wem das nicht billig genug ist, der schaltet noch ein Unternehmen dazwischen, mit dem ein Werkvertrag abgeschlossen wird. Ein Milliardengeschäft auf Kosten von derzeit knapp einer Million Leiharbeiter und vermutlich mindestens – genaue Zahlen gibt es nicht – so vielen Werkvertrags-Beschäftigten.
Anruf vom Kanzleramt
Leiharbeiter Christian Graupner bekommt Wochen nach seinem Fernsehauftritt tatsächlich einen Anruf vom Kanzleramt. "Die Frau Merkel, die hat auch gesagt, dass sie das Problem erkannt haben, dass es im Koalitionsvertrag mit vereinbart ist. Und dass sie das im Frühjahr angehen wollen", berichtet Graupner. Aber welches Frühjahr, habe die CDU-Frau nicht gesagt.
Im Frühjahr nach der Wahl gibt es jedenfalls noch nicht einmal einen Referentenentwurf, denn in den Abteilungen des Ministeriums wird heftig gestritten. Die einen nehmen die Versprechungen von CDU und SPD ernst, die anderen suchen nach Lösungen für die Wirtschaft, die höchst beunruhigt ist. Ob die von Unternehmensverbänden bezahlte "Initiative für soziale Marktwirtschaft" oder Vorstände von DAX-Konzernen, alle versuchen Einfluss zu nehmen auf den Gesetzestext.
10 Kommentare verfügbar
Fritz
am 23.08.2016"Es bellen mit besonderer Vorliebe getretene Hunde."