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SVÄRTA ist alle

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Immer noch kommen rund tausend Flüchtlinge am Tag in Baden-Württemberg an und suchen Hilfe. Das braucht nicht nur Platz, sondern auch eine Menge Betten. Problem: Betten sind derzeit ausverkauft.

Es ist grau, 90 mal 200 cm groß, aus Metall und kostet unschlagbare 159 Euro: das Etagenbett Svärta von Ikea. "Platz sparend", schreibt der Hersteller. 500 davon seien gerade in Ulm bestellt, sagt Bernd Moser vom DRK-Landesverband Baden-Württemberg. Er ist Fachberater des Lenkungskreises für die Flüchtlingsunterbringung im Innenministerium und so etwas wie der "Bettenbeauftragte" des Stabs. "Mehr als 500 Betten sind bei Ikea gerade auch auf Bestellung nicht zu bekommen", sagt er. "Und die Lieferzeit ist lang. Sehr lang sogar." Denn das Etagenbett Svärta ist alle. "Und zwar nicht nur deutschlandweit, sondern im gesamten europäischen Raum", sagt Moser. Alles ist alle. Feldbetten, Einzelbetten, Doppelbetten, Schlafsäcke, Hygieneartikel-Pacs. Für Letztere sei man mittlerweile auf Krankenhausbedarf-Großhändler umgestiegen.

Ikea bemüht sich indessen, "die gewünschten Waren zeitnah aus unseren Zentrallagern oder direkt von den Herstellern zu beziehen". Die aktuelle Flüchtlingssituation in Deutschland habe dazu geführt, "dass verstärkt auch Vereine, Hilfsorganisationen und Kommunen große Stückzahlen einzelner Artikel bei uns bestellt haben", antwortet Isolde Debus-Spangenberg, Pressesprecherin von Ikea Deutschland, auf die Anfrage von Kontext. Normalerweise sei die Infrastruktur und Logistik von Ikea darauf ausgelegt, Privathaushalte zu bedienen. Deshalb seien "kurzfristige Lieferengpässe bei wenigen, besonders nachgefragten Produkten möglich". Zur Zeit eben vor allem bei Svärta-Betten. Und günstigen Matratzen. Das Einrichtungshaus arbeite "mit Herstellern in Deutschland, Europa und darüber hinaus" zusammen, deshalb stünden die Lieferzeiten derzeit "in direktem Verhältnis zu den Transportwegen".

Und weil nicht nur Ikea, sondern viele Hersteller, die einmal in Deutschland produziert haben, nun günstig in Fernost fertigen lassen, sind die Transportwege lang. "Von dort aus dauert der Transport hierher mit dem Schiff mindestens drei Wochen", sagt Moser vom DRK. Das gelte aber auch nur, wenn die Betten bei den Herstellern vorrätig seien. "Momentan liegt aber die Herstellungskapazität für Betten gerade mal bei 1000 Stück pro Woche." So kneift sich die Globalisierung in einer globalen Krisensituation wohl selbst in den Hintern.

Moser bestellt seine Betten deshalb im Lagezentrum des DRK Berlin. Die seien gut vernetzt, sagt er. Heute, am Mittwoch, kommen wieder 2000 Betten an. "Die sind aus Kanada", weiß der Mann vom DRK. Die Kanadier seien momentan sowieso Bettenlieferant Nummer eins. "Denn dort gibt's ja keine Flüchtlinge."


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3 Kommentare verfügbar

  • Schwabe
    am 09.10.2015
    Antworten
    Wer schafft was, Frau Merkel?
    Kolumne von Oskar Lafontaine zum Auftritt von Frau Merkel bei "Anne Will" am 07.10.2015. Hier der Link:
    http://www.nachdenkseiten.de/?p=27867
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