Wenn der Landrat sagt, der Lustig sei schon ein "besonderer Held", dann ist das für ihn die Umschreibung dafür, dass Einsicht manchmal länger dauert. Bei Leuten wie Lustig sowieso. Immerhin, die Entscheidung, nicht an die NPD zu verkaufen, sei "sehr gut" und ein "vernünftiges Signal", meint Günther-Martin Pauli.
Wenn auf Facebook geschrieben wird, der Lustig sei ein Held, vor dem man den Hut ziehen müsse, weil er "viel Mut und Charakter" gezeigt habe, dann ist die Botschaft eindeutig: Hier hat einer Flagge gezeigt.
Lange Gespräche mit Niko Lustig, dem Wirt des Waldhorn, legen nahe, dass die Wahrheit, wie so oft, in der Mitte liegt. Aber das ist bereits ein Erkenntnisgewinn, nach all dem, was über ihn und sein Wirtshaus geschrieben und gesendet wurde. Der Kneipier stand im Verdacht, ein Nazi zu sein, mit der rechtsradikalen Partei unter einer Decke zu stecken, mit ihr zusammen den Preis seiner Gaststätte in die Höhe zu treiben, um später brüderlich zu teilen. Ob Bürgermeister, Landrat, Ministerien oder Verfassungsschutz – für alle war es ein "Fake", also ein Täuschungsmanöver. Kennt man doch von den braunen Brüdern. Allein die Expertise der Schlapphüte, die NPD habe kein Geld, und der zweifelhafte Leumund Lustigs im Ort genügten.
"Wir wissen, was mit Wirten passiert, die nicht kooperieren"
Mit der Geschichte des Niko Lustig hat sich niemand beschäftigt. Der 37-Jährige erzählt sie in seiner Unterkunft in einem kleinen Dorf auf der Schwäbischen Alb, wohin er ausgewichen ist. Bett, Tisch, Fernseher, ein mannshoher indischer Gott, voller Aschenbecher. Im Waldhorn würden sie ihn "entglasen", hat ihn die Polizei gewarnt. Entglasen heißt Scheiben einwerfen. Von wem sei nicht vorhersehbar. Das könne die linke Antifa genau so sein wie die rechtsradikale Front. Derzeit hat Lustig mehr Angst vor der NPD. "Wir wissen, was mit Wirten passiert, die nicht kooperieren", sollen sie ihm gedroht haben. Fröhlich ist nur sein kleiner Yorkshire-Terrier, Alexa, die Pfötchen gibt.
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Insider
am 27.09.2015