Früher predigte Gottfried Arlt in der Kirche vor Gläubigen. Nun spricht er im katholischen Franziskusgymnasium in Mutlangen vor Zehntklässlern. Der Mann aus Halle an der Saale erzählt von seinem Leben in der ehemaligen DDR – und seinem friedlichen Widerstand gegen das System. Arlt hatte in den 60er-Jahren den Wehrdienst verweigert und musste als Bausoldat schuften. Als er sich sperrte, einen Panzerschießplatz zu bauen, ging er dafür ins Gefängnis. Er glaube an "die Macht der Liebe und Zuwendung den Menschen gegenüber", sagt Arlt, "Waffen können eigentlich nur zerstören, nicht aufbauen."
Der 75-Jährige ist auf Einladung der Friedenswerkstatt Mutlangen in den Ostalbkreis gekommen. Im Franziskusgymnasium spricht er im Geschichtsunterricht als Zeitzeuge. Für Lehrer Stefan Klotzbücher ist es wichtig zu zeigen, "dass es Weltpolitiker gibt, die sich für Frieden einsetzen, aber auch normale Menschen".
Friedensorganisationen im Schulunterricht sind derzeit noch eine Seltenheit. Die Friedensbewegung wirft der grün-roten Landesregierung vor, die Bundeswehr mit einer Kooperationsvereinbarung zu bevorzugen, und fordert Chancengleichheit. Die Grünen hatten deswegen 2012 auf eine Kündigung der Vereinbarung gepocht. Doch mittlerweile äußert sich nur noch die Grüne Jugend kritisch. Kürzlich hat Kultusminister Andreas Stoch (SPD) eine gemeinsame Erklärung mit Friedensorganisationen unterzeichnet. Wie die Friedensbildung im Unterricht ausgebaut werden soll, ist jedoch unklar. Die CDU fordert ein Konzept.
Die Kritiker sehen in der Bundeswehr eine Organisation, die für das Töten wirbt, die Befürworter hingegen ein verfassungsrechtlich legitimiertes Organ, das den Frieden für Deutschland und seine Partner sichert, zur Not am Hindukusch. Die Bundeswehr schuf das Angebot 1958, um der "deutschen Bevölkerung die Notwendigkeit des Beitritts zur NATO und die damit verbundene Wiederbewaffnung Deutschlands zu vermitteln", heißt es in einer Broschüre aus dem Jahr 2011.
Keine Kritik – kein Problem
Arne Nötte war als Zeitsoldat unter anderem bei der Luftwaffe im niederländischen Eindhoven stationiert. Der 29-Jährige steht im hellblauen Hemd, dunkelblauer Krawatte und Hose vor der Realschulklasse 9c im Berufsschulzentrum Rudersberg, Rems-Murr-Kreis. "Warum bin ich hier?" fragt er die Schüler. "Weil Sie uns erklären wollen, welche Berufe es bei der Bundeswehr gibt", sagt ein Junge. Nötte reagiert routiniert: "Habt Ihr Fragen zu Jobs bei der Bundeswehr, bin ich der Falsche." Da müssten sich die Schüler an die Karriereberater wenden. Stattdessen will Nötte über die Aufgaben und Einsätze der Bundeswehr reden und über Sicherheitspolitik.
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Jue.So Jürgen Sojka
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