Moni dreht in kurzen Zeitabständen Zigaretten. Thorsten trinkt Export Marke Plastikflasche mit Drehverschluss. Es ist 10 Uhr am Morgen, vor der Tür tropft der Regen. In ihrer Hütte ist es wohlig warm. Zwei Einzelbetten stehen sich gegenüber, sorgsam gemacht. Auch sonst herrscht Ordnung auf den wenigen Quadratmetern. Am Eingang werden die Schuhe ausgezogen. Und doch ist es nicht die niedliche Behausung von Menschen, die gern in ihren vier Wänden leben.
"Wir sitzen jetzt hier am Tisch, weil wir erzählen sollen, aber eigentlich wären wir draußen", sagt Thorsten. Sein Tonfall klingt wie ein Cocktail aus Vorwurf und Misstrauen, das er gegenüber Reportern hat, "denn die schreiben nie die Wahrheit über unseren Alltag". Als er das sagt, reißt er die Augen ein wenig auf. Augen, die so blau sind wie der Himmel, unter dem er am liebsten schläft. Zu geschlossenen Räumen entfährt ihm ein knappes: "Kann ich nich ab!" Thorsten leidet seit Jahren unter Depressionen, nimmt Antidepressiva und Schlafmittel, "damit ich hier drinnen überhaupt schlafen kann". Wenn der Körper mitspielen würde, wäre er nicht hier, würde Platte machen. Zur Ruhe kommt er nur draußen. "Ich versuche aber zu funktionieren."
Moni und Thorsten leben im Berberdorf in Esslingen. In den 80er-Jahren als illegale Zeltstadt entstanden, wird die Siedlung von der schwäbischen 90 000-Seelen-Gemeinde geduldet und von der Evangelischen Gesellschaft, kurz EVA, getragen – einzigartig in Deutschland. In Esslingen existieren gerade einmal 40 Plätze für Wohnungslose. Bei jährlich 500 Menschen, die allein dort die Wohnungslosenhilfe aufsuchen, ein Tropfen auf dem heißen Stein.
2 Kommentare verfügbar
Schwabe
am 21.11.2014Die Merkel`sche Bundesregierung sollte sich schämen!