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Bundesdeutsche Rassismuswochen

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Einen Kopf haben kann weh tun – nicht nur, wenn ein Anker drauffällt. Mehr noch, wenn Deutschland über Messergewalt diskutiert. Dass drei Menschen bei einem Attentat durch einen mutmaßlichen Islamisten auf dem Solinger Stadtfest getötet wurden, ist furchtbar, keine Frage. Was aber seit der Bluttat quer durch alle politischen Lager schwappt, hat eine neue Qualität von Populismus erreicht.

Zur Beseitigung von Kriminalitätsproblemen verfolgen fast alle im Bundestag vertretenen Parteien die gleiche Strategie: Ausländer raus! "Nach Syrien und Afghanistan kann abgeschoben werden", behauptet der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz, und ein Großteil der Medienlandschaft hat scheinbar Hemmungen, die Aussage als das zu bezeichnen, was sie ist: eine glatte Lüge. Für Abschiebungen wären Kooperationen mit den Herkunftsländern nötig, die es nicht gibt. Und das zuständige Auswärtige Amt hat bereits unmissverständlich klargestellt, dass es keine Möglichkeit sieht, mit einem "islamistischen Terrorregime" zusammenzuarbeiten, das die in Afghanistan regierenden Taliban nun einmal sind. Ähnlich schwer gestalten sich die Verhandlungen mit dem syrischen Diktator Baschar al-Assad.

Aber auch ein Robert Habeck, grüner Bundeswirtschaftsminister, meint in Bezug auf Messerangriffe: "Menschen, die das Asylrecht so missbrauchen, haben jeden Schutzanspruch verwirkt." Also fordert er das Unmögliche, ebenso wie die SPD-Chefin Saskia Esken, die "zumindest Straftäter und islamistische Gefährder" nach Syrien und Afghanistan abschieben will. "Wir müssen endlich im großen Stil abschieben", hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vergangenen Oktober im Interview mit dem "Spiegel" beteuert. Und traute sich dann tatsächlich zu sagen: "Ich bin dagegen, dass man taktische Politik macht. Es muss immer um die Sache gehen, um die konkrete Lösung von Problemen."

Die letzte Verschärfung im Umgang mit Asylsuchenden gab es vergangenen Februar. Seither muss die Polizei Abschiebungen nicht mehr ankündigen, solange keine Kinder unter zwölf Jahren betroffen sind. Ein 13-Jähriger aber darf bereits überraschend aus dem Schlaf gerissen, gefesselt und gewaltsam außer Landes verfrachtet werden.

Insofern laufen die Vorwürfe ins Leere, die Bundesregierung würde sich nicht um die Abwehr von Fremden bemühen, sie unterstützt ja auch Deals mit Diktaturen, damit die Schutzsuchenden in außereuropäischen Folterlagern ferngehalten werden. Es ist nur offenbar so, dass symbolpolitische Scheinmaßnahmen, die das kochende Volksempfinden auf Kosten der Ärmsten befrieden wollen, gar nicht wirklich bei der Ursachenbekämpfung in Sachen Gewaltkriminalität helfen.

Die im deutschen Diskurs lautesten Stimmen konstruieren eine scheinheilige Kollektividentität, die brutale Messergewalt als reines Importproblem ausgeben will. Wären belastbare Fakten in der Debatte auch nur irgendetwas wert, würde ein Blick darauf zeigen, dass ein Großteil der mit Messern verübten Delikte nicht in der Öffentlichkeit, sondern hinter verschlossenen Türen stattfindet und zu 80 Prozent Frauen trifft. Wenn aber ein eingesessener Deutscher seine Gattin aus niedersten Beweggründen absticht, ist das allenfalls eine Randnotiz unter dem Stichwort "Beziehungsdrama" wert.

Ist der Täter hingegen ein Araber oder Afrikaner, zeigt sich der strukturelle Rassismus der deutschen Gesellschaft. Friedrich Merz will niemanden mehr reinlassen, der aus Syrien oder Afghanistan flieht. Bevor die AfD anfing, den gesamten Diskurs über den Umgang mit Geflüchteten vor sich herzutreiben und CDU, SPD und Grüne zur Übernahme ihrer Positionen zu veranlassen, wäre ein Statement, das impliziert, jeder Syrer oder Afghane sei ein potenzieller Messermörder, vielleicht noch als schäbiger Generalverdacht kritisiert worden. So aber merken die vielen Kommentator:innen in reichweitenstarken Medien allenfalls verdruckst an, dass dieser Frontalangriff auf das im Grundgesetz verankerte Asylrecht … – in der rechtlichen Umsetzung Schwierigkeiten bereiten könnte.

"Wenn du mit acht Jahren fliehst aus einem von Gewalt und Folter geprägten Alltag in Afghanistan, den lebensgefährlichen Weg nach Europa gehst und dann in Deutschland ankommst und merkst, dass es hier diesen Rassismus in institutioneller Form wie im Alltag gibt, dann lernst du auf sehr schmerzliche Weise, dass du dich nicht auf die Politik verlassen kannst", sagt Sultana Sediqi. Die 20-jährige Aktivistin engagiert sich gegen die Thüringer Neonazi-Szene, registriert mit Schrecken, wie sich die Stimmung in der Bevölkerung wandelt, und würde gerne mitwählen am Wochenende. Leider hat die zuständige Behörde es nicht fertiggebracht, ihren Antrag auf Staatsbürgerschaft innerhalb der vergangenen zwei Jahre zu bearbeiten.

Oh nein

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7 Kommentare verfügbar

  • Peter Nowak
    vor 3 Wochen
    Antworten
    Ihre Einschätzung am 28.8.24 lautete, dass die vollmündige Behauptung von Friedrich Merz ach Syrien und Afghanistan kann abgeschoben werden" " eine glatte Lüge" sei und bezogen sich dabei auf Äußerungen aus dem Außenministerium.

    Stand 30.8. muss gesagt worden :Merz hatte wohl Recht, denn…
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