Wer hat schon die Gelegenheit, mal bei Claudia Roth reinzuschauen? Susanne Stiefel zum Beispiel, Kontext-Mitgründerin, ehemalige Chefredakteurin und aktuell Vorsitzende des Forums Gemeinnütziger Journalismus! Stiefel hat der Kulturstaatsministerin am Montagvormittag im Kanzleramt gemeinsam mit Anne Webert, der Co-Vorsitzenden des Forums und stellvertretenden Vorsitzenden des Deutschen Journalisten-Verbands DJV, und "Correctiv"-Geschäftsführerin Jeannette Gusko die Petition "Schafft Rechtssicherheit für gemeinnützigen Journalismus!" übergeben. 50.000 Menschen haben sie unterschrieben und wollen, dass nicht-gewinnorientierte Medien endlich als gemeinnützig anerkannt werden in der Abgabenordnung des deutschen Steuerrechts, die derzeit Naturschutzverbände, Burschenschaften, Sport- und Kleingartenvereine umfasst, nicht aber Journalismus.
Dabei gibt es kaum etwas Gemeinnützigeres als die Vierte Gewalt im Staat, wenn man mal ehrlich ist. Nun gibt es gute Nachrichten zu berichten: Mit einem Anwendungserlass des Bundesfinanzministeriums soll es möglich werden, dass gemeinnützige Medienprojekte unter dem Zweck der "Volksbildung" anerkannt werden. Denn bislang bewegen sich solche Medien in Deutschland in einer Grauzone und sind immer auf das Wohlwollen der jeweiligen Finanzbehörde angewiesen. Ein Zwischenerfolg, sagt das Forum Gemeinnütziger Journalismus und vermeldet: "Nächster Adressat sind daher jetzt die zuständigen Bundestagsabgeordneten der Regierungskoalition. Denn die Abgabenordnung kann mit dem Steuerfortentwicklungsgesetz (Jahressteuergesetz) geändert werden. Dieses wird aller Voraussicht nach im Herbst in den Bundestag eingebracht." Wir bleiben gespannt.
Kontext ist deshalb gemeinnützig – mittlerweile seit 13 Jahren –, weil wir auch Bildung anbieten. Sehr zu empfehlen ist beispielsweise unsere Sonderausgabe, die wir im vergangenen Jahr mit der Klasse 8b der Bismarckschule in Stuttgart Feuerbach gemacht haben. Einer der Schüler war so angetan von dem Grünen-Landtagsabgeordneten Oliver Hildenbrand, den wir zu einer Schulstunde in die Klasse eingeladen hatten, dass er unbedingt ein Praktikum bei ihm machen wollte. Und so kam es dann auch. Und das war nicht der einzige Erfolg, den die Klasse zu vermelden hatte. Auch wir hatten Erfolg. Denn das Projekt kam so gut an, dass wir nach den Sommerferien gleich noch ein weiteres an der Bismarckschule starten.
Auch sonst sind wir in Sachen Bildung und Fortbildung unterwegs. Mit der Stuttgarter Merz Akademie und deren Foto-Studierenden hat Anna Hunger beispielsweise im vergangenen Semester zusammengearbeitet. In dieser Ausgabe veröffentlichen wir eine Fotostrecke des Fotografen Marco Nunes in unserer Schaubühne, die dabei entstanden ist. Kontext-Redakteur Minh Schredle unterrichtete zudem zwischen April und Juni als Gastdozent an der Universität Hohenheim und widmete sich gemeinsam mit Studierenden der Kommunikationswissenschaften und Professor Wolfgang Schweiger dem Thema "Journalistische Recherche am Beispiel der Influencer-Kultur".
Nachwuchsnazis gegen bunte Kultur
Kultur in Stuttgart ist meistens teuer und drinnen. Es gibt aber auch das Umsonst & Draußen: ein Festival, das trotz langer Tradition unkonventionell geblieben ist und am kommenden Wochenende zum 43. Mal stattfindet. Mit Musik, die selten beim Radiosender SWR1 läuft, und politischem Anspruch. Dieses Jahr heißt der Schwerpunkt "Demokratie verteidigen – gegen Rechtspopulist*innen". Mit dabei sind die Journalistin und Kontext-Autorin Janka Kluge, die am Sonntag erklärt, wie rechte Diskurse bekämpft werden können, und Kontext-Kolumnist Joe Bauer, der direkt im Anschluss die Gefahr durch den erstarkenden Faschismus beleuchten wird und stets für eine starke Vernetzung im praktischen Kampf gegen rechts wirbt.
Wenig überraschend ist die rechtsextreme AfD-Nachwuchsorganisation Junge Alternative (JA) von diesem Programm nicht allzu begeistert. Das kostenfreie Kulturangebot bezeichnet die Stuttgarter Ortsgruppe, die sich selbst zum "Team #Remigration" zählt, als "Nährboden für linksextreme Rekrutierung" – und plant eine Protestaktion am kommenden Samstag. "Dass den Rechten, die schon bei der Vokabel 'Multikulti' Schnappatmung bekommen, ein offenes, buntes, fröhliches linkes Festival nicht in ihr kleinkariertes Weltbild passt – geschenkt", heißt es vonseiten der Veranstalter. "Dass aber die AfD-Nachwuchsorganisation JA sich nicht entblödet, eine Demonstration gegen das U&D zu veranstalten, zeigt uns, wie wichtig es ist, sich immer wieder für eine offene, tolerante, emanzipatorische und solidarische Gesellschaft einzusetzen." Kurzfristig anberaumt, mobilisiert daher auch das Bündnis "Stuttgart gegen rechts" zu einer Gegendemo: Los geht's am Samstag, 3. August ab 13 Uhr auf dem Vaihinger Festplatz. Das U&D selbst beginnt bereits am Freitag, 2. August, ebendort.
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