Bundesweit wurde das Interview diskutiert. Auf unserer Seite haben wir einen neuen Kommentar-Rekord aufgestellt und die Reichweite auf Twitter in einer Woche um 40.299 Prozent gesteigert. Das Gespräch von Kontext-Redakteurin Susanne Stiefel mit Christine Prayon war nach nur einem Tag schon unsere meistgelesene Geschichte des Jahres. Darin kritisiert die Kabarettistin Satireformate wie die "heute-show", Jan Böhmermanns "ZDF Magazin Royale" und "Die Anstalt", die Stimmung gegen Andersdenkende machen würden. Aufgegriffen haben ihre Aussagen Dutzende Medien von "Bild" bis "Bunte", von "Neue Züricher Zeitung" bis "Süddeutsche". Im Freudentaumel erklärt unser Kolumnist Christian Prechtl Kontext zum neuen Leitmedium für gepflegte Streitkultur, und da sind wir natürlich überglücklich, in dieser Ausgabe nachlegen zu können.
Während sich Oliver Welke von der "heute-show" und Böhmermann bislang nicht persönlich zu Prayons Vorwürfen äußerten, juckte es den "Anstalt"-Kabarettisten Max Uthoff in den Fingern. "Mit nicht geringer Verwunderung habe ich gelesen, dass unsere geschätzte Kollegin Christine Prayon glaubt, es sei ein Ausschlusskriterium für das Mitspielen in der Anstalt, wenn man das Fass Kapitalismuskritik aufmacht", schreibt er exklusiv auf Anfrage von Kontext. Sein ganzes Statement lesen Sie hier. An gleicher Stelle macht sich Josef-Otto Freudenreich Gedanken, warum es überhaupt bundesweite Aufmerksamkeit für Aussagen gibt, die so kontrovers eigentlich nicht sein sollten. Er weist darauf hin, dass Prayons Kritik weniger die Abrechnung ist, als die verschiedene Medien sie ausgeben – sondern eher ein Denkanstoß, dass die großen Debatten unserer Zeit womöglich auch weniger gereizt ablaufen könnten.
Heftig und hitzig hat sich Medienberichten zufolge jüngst der Tübinger Gemeinderat über die Zukunft der lokalen Abfallentsorgung gestritten. Denn in der spätkapitalistisch zugerichteten Daseinsfürsorge muss sich bekanntermaßen alles rechnen, das Geschäft mit der Gesundheit, das Geschäft mit dem Wohnen, sogar das Geschäft mit dem Müll. Mit Blick auf die Zahlen der für Entsorgung zuständigen Kommunalen Servicebetriebe stellte die Stadtverwaltung ein Defizit fest. Da kam ihr die eine Idee, die der Neoliberalismus immer hat: Privatisieren! "Das ist kurzfristig gedacht und ignoriert Erkenntnisse aus anderen Gemeinden, die den Schritt bereuen und die Hoheitsaufgabe zurück in die eigene Hand holen wollen", kommentierte unsere Redakteurin Gesa von Leesen in Kontext-Ausgabe 633, als der Verwaltungsausschuss schon mehrheitlich zugestimmt hatte. Die Abstimmung im Gemeinderat wurde dann allerdings verschoben, weil es lauten Protest in der Stadt gab. Und am vergangenen Donnerstag die große Überraschung: Die Entsorgung bleibt fürs Erste doch in kommunaler Hand, dagegen waren nur noch die FDP und die FDP mit Fahrrad. Wir werden weiter nach dem Müll schauen.
"Kontext schaut nach den Rechten", heißt ein Dossier von uns, und besonders oft danach schaut unsere Autorin Johanna Henkel-Waidhofer, vor allem nach der AfD im baden-württembergischen Landtag, deren Sprache und dahinterliegendem Kalkül. Zuletzt vergangene Woche am Beispiel des AfD-Franktions-Vizes Udo Stein, an dessen "unsäglichen Grenzverletzungen" sich "eindeutig Vorsatz und Strategie erkennen ließen: Zu weit gehen, dann Teile des Gesagten zurücknehmen, um sich im Netz für die ursprünglichen O-Töne feiern lassen". Heute, am 5. Juli, spricht Henkel-Waidhofer auch darüber, und zwar ab 19 Uhr im Hotel Silber in Stuttgart, gemeinsam mit Birgit Kipfer, ehemalige Landtagsabgeordnete der SPD und heute Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft Baden-Württemberg von Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V.. Unter dem Titel "Sprache und Haltung der AfD… und was wir damit machen sollten" soll es darum gehen, was sich hinter der AfD verbirgt, und was Demokraten tun sollten, um mögliche Gefahren abzuwenden. Angesichts eines AfD-Landrats in Thüringen und wiederholten Flirtens von CDU-Größen mit AfD-Vokabular eine leider ziemlich drängende Frage.
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Karsten Wehrmeister
am 11.07.2023