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Brav gewühlt

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Der Verrat an den lieben Artgenossinnen und -genossen kam alles andere als überraschend. Immerhin ist der Maulwurf, ähnlich wie das U-Boot, längst zum Synonym für eingeschleuste Agenten geworden. Und so verwiesen zwar die Autoren Alfred Opitz und Ernst-Ullrich Pinkert bereits 1979 darauf, dass die sensiblen Insektenfresser mit ihren übermäßigen Schaufelpfoten besonders schutzbedürftig sind: "Ihre Anpassungsfähigkeit an den Terror menschlicher Naturbeherrschung ist minimal." Doch ausgerechnet einer ihrer prominentesten Vertreter, namentlich Max Maulwurf, war lange Zeit Werbeträger des Konzerns, mit dem die Art zwar die Neigung zum notorischen Tunnelgraben gemein hat, der die Tiefen des Erdreichs aber aufwühlt wie kein zweites Unternehmen in Deutschland: der Deutschen Bahn.

Bei Karl Marx war der Maulwurf, wie Pinkert und Opitz in ihrer "Geschichte einer revolutionären Symbolfigur" herausarbeiten, nicht nur ein Held der Arbeiterklasse, sondern Sinnbild der Revolution: Wenn diese nämlich erst ihre gründliche Vorarbeit vollbracht habe, werde "Europa von seinem Sitze aufspringen und jubeln: brav gewühlt, alter Maulwurf!" – dankbar dafür, dass er "umsichtig unter der Erde das Terrain vorbereitet, um eines Tages ans Licht zu kommen und den Sieg zu erringen."

Doch nicht bei allen großen Philosophen war der Maulwurf ein Symbol der Hoffnung. So deutet der pessimistische Idealismus nach Schopenhauer das Tier keineswegs als Wegbereiter von der Dunkelheit zum Licht. Der karge Lohn seines mühevollen und freudenleeren Lebenslaufs bestehe einzig in Futter und Begattung, also nur den Mitteln, "dieselbe traurige Bahn fortzusetzen und wieder anzufangen", von Generation zu Generation. Schopenhauers Urteil: "An solchen Beispielen wird es deutlich, daß zwischen den Mühen und Plagen des Lebens und dem Ertrag oder Gewinn desselben kein Verhältnis ist."

Nach dieser Lesart, berichtete Kontext 2018, hatte die Bahn ihr perfektes Maskottchen gefunden. Nun bleibt ihr nicht einmal das: Wie der hoffnungslos überschuldete Konzern vergangene Woche bekannt gab, wird Max Maulwurf nach 28 Jahren in den "wohlverdienten Ruhestand" geschickt. Die Ankündigungen lassen Schlimmstes befürchten. Ersetzt werden soll er nämlich durch positive Formulierungen. Und im Stil einer Tatsachenmeldung heißt es dazu: "Die neue Art, über anstehende Baustellen zu informieren, erzeugt ein positives Mindset bei den Reisenden." Das muss ja heiter werden.

Gar keine so neue Art zu informieren, ist das Mittel der Satire. Sie kann Absurdrealistisches unterhaltsam auf den Punkt bringen. Dieses Mittel nutzt das "Bündnis Klinikrettung" in seiner Laudatio für unseren grünen Gesundheitsminister Manfred Lucha. Er hat für sein engagiertes Dichtmachen von kleinen Kliniken auf dem Land vorige Woche den neuen Schmähpreis des Bündnisses erhalten. Glückwunsch!

Mikhail Agrest kann sich noch nicht freuen. In seiner Kündigungs-Gerichts-Causa, über die wir mehrfach berichtet haben, ist keine Entscheidung gefallen. Der Verwaltungsrat des Staatstheaters, der am vergangenen Montag tagte, hat offensichtlich weiteren Diskussionsbedarf zum Status des geschassten Musikdirektors und darüber aber striktes Stillschweigen verordnet. Wie in Kontext thematisiert, drängt das Ministerium für Wissenschaft und Kunst auf eine Weiterbeschäftigung Agrests. Wie zu hören ist, wehrt sich der geschäftsführende Intendant Marc-Oliver Hendriks dagegen.

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